Leserbriefe
Quo vadis, Fotozug?
Am 26. Juni 2016 transportierte die Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbH mit 86 1333-3 und 112 565-7 einen Trafo von Chemnitz nach Grünstädtel. Wie bei einem Almabtrieb wurde das von zahlreichen Schaulustigen und Eisenbahnfotografen beobachtet, die sich gegenseitig oft im Bild standen. Deshalb schrieb uns Jens Hoffmann aus Leipzig einen Leserbrief. Da er einige interessante Denkansätze enthält, möchten wir ihn unseren Lesern nicht vorenthalten:
Quo vadis, Fotozug?
Am 26. Juni 2016 fand ein Trafotransport von Chemnitz nach Grünstädtel statt. Endlich durchbrach einmal ein besonderer Zug das Triebwagen-Einerlei auf der Chemnitztalbahn! Das Transportunternehmen finanzierte sogar einen Dampflokeinsatz! Dementsprechend waren viele Eisenbahnfans an der Strecke unterwegs. Da der Zug in den Medien angekündigt wurde, waren auch zahlreiche Einheimische – man könnte sagen neue Fans – unter den Beobachtern. Dank der langen Wasser- und Kreuzungshalte wurde es ein sehr gemütlicher Tag mit einer „Ausbeute“ von sechs Videoaufnahmen. Da der Wasserhalt in Thalheim auf drei Stunden verlängert werden musste, blieb genügend Zeit für ein Mittagessen in der Papiermühle Niederzwönitz. Zeit war auch zum Entdecken neuer Motive, ohne auf das berühmte „was gab es damals noch nicht“ achten zu müssen. Ich hatte nicht damit gerechnet, noch einmal so einen schönen Zug an der Auer Glück-Auf-Schranke erwarten zu dürfen. Nach der Fahrt tauchten im Internet sofort Kritiken wegen zweier Kameras an der Lok und Graffiti am Begleiterwagen auf. Diesen Männern sei gesagt: Liebe Fotografen, bitte denkt daran, dass Ihr für den Zug keinen Pfennig bezahlt habt! Bei mir hält die Erinnerung an diesen Tag im Gegensatz zu mancher Plandampf-Hetzerei bis heute vor. Das Erzgebirge und seine Eisenbahnen sind nun einmal ein bewusst zu erlebendes Gesamtkunstwerk, das beim „Plandampf“ wohl im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Räder“ gekommen ist.
Gute Beispiele im Preßnitztal
Die meisten von uns frönen ihrem Hobby in der Freizeit. Viele haben auf Arbeit genug Stress und wollen sich solche „Kampfaktionen“, wie sie Volker Anton im PK Ausgabe 5/15 beschrieb, nicht mehr leisten. Außerdem: Sollte die Familie nicht auch etwas davon haben? Positive Beispiele, an die ich mich gern zurückerinnere, kommen hierzu aus dem Preßnitztal. Nicht nur, dass die moderaten Preise für die Fotoveranstaltungen der IG Preßnitzalbahn e. V. einen Verzicht auf Autoverfolgungen ermöglichen, hier hat man auch neue Ideen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Der Gmp-Einsatz am 5. Oktober 2013 mit zwei KKw hatte einen besonderen Reiz. Man konnte Wandern, Mitfahren, Fotografieren – und die Gastronomen hatten auch etwas davon. Es entstanden schöne Videosequenzen, auch einmal von hinten über den Fluss – kurz: Motive, die man nur in Ruhe entdeckt. Leider zeigten sich damals aber auch die Grenzen des Möglichen: Mittags waren die Züge ziemlich voll. Wie kann man Güterwagen als wertvolles Zeugnis der Bahngeschichte wirtschaftlich vertretbar betriebsfähig erhalten? Durch die wenigen Fotoveranstaltungen im Jahr ist das schwierig.
Perfekte Zeitreise
Muss man eigentlich immer alles fotografieren? Ich denke da an eine Nachtveranstaltung zurück, an der ich NICHT teilnahm. Zufällig kam ich gesättigt aus der „Schlösselmühle“, als das „Meppel“ mit einem Güterzug im Bahnhof eintraf. Ich war der einzige Beobachter auf dem Bahnsteig und hatte keinen Fotoapparat bei mir. Steffen Buhler leitete in einem blauen, verwaschenen Kittel und mit „drägg’schem“ Helm das Aufnehmen eines Rollwagens als Rangierer. Diese perfekte Zeitreise werde ich nie vergessen. Das Erleben ist mehr wert als jedes Foto. Wie kann man das mit den wirtschaftlichen Zwängen einer Fotoveranstaltung vereinbaren? Kann man neue Gäste mit Güterwageneinsätzen zum Schnupperpreis gewinnen? Muss die Dienstkohle nicht mit dem Frühzug nach Jöhstadt und abends die Schlacke „runter“? Können nachfrageschwache Wochenenden mit Güterwageneinsätzen in Tagesrandlage und moderatem „Fotozuschlag“ belebt werden? Wäre eine an solchen Tagen verkaufte Souvenir-Tageskarte mit Spendenanteil für ein aktuelles Güterwagenprojekt eine Option oder vielleicht sogar ein neues Sammelgebiet? Das alles dürften wichtige Fragen für die Zukunft des betriebsfähigen Güterwagenbestandes sein!
Ideen für andere Eisenbahnen
In Jöhstadt lässt sich sicher Einiges einfacher realisieren als bei durch Verkehrsverbünde unterstützten Bahnen. Doch der Reiz ist da: Wie bringe ich zum Beispiel die Fotografen des Zittauer Fotogüterzuges in die Reisezüge der Schmalspurbahn? Ideen sind gefragt! Würde zum Beispiel der meist überlastete morgendliche „Reichsbahnzug“ nach Kurort Oybin mit dem „neuen“ Beiwagen 970-280 verstärkt, den dann abends der Triebwagen in Lastrichtung wieder nach Zittau mitnimmt, dann wäre mir das schon eine (Zug)Reise wert!
Fazit
Was möchte ich mit diesen Zeilen sagen? Kreativität ist gefragt, um auch in Zukunft neue Besucher begrüßen zu können. Auch Fotografen sollten ihr Auto einmal stehenlassen und die Bahnen besuchen! Alle sollten einmal darüber nachdenken, wie sich das vereinbaren lässt!
12.08.2016