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Rezensiert: Der Eisenbahnknoten Leipzig
André Marks
Der Eisenbahnknoten Leipzig
128 Seiten, Format 17 x 24 cm, Hardcover mit ca. 160 Abbildungen, fast vollständig in Farbe Sutton Verlag GmbH, Erfurt 2016. ISBN-13: 978-3-95400-678-6 Preis: 19,99 Euro
Der Erfurter Sutton Verlag veröffentlicht in seiner als Zeitreise benannten Reihe vom Konzept Bildbände zu historischen Themen. Mit dem Dresdner André Marks wurde jedoch ein Autor gefunden, der das geschriebene Wort mindestens ebenbürtig und geschickt neben den Fotos zu platzieren weiß. So entsteht erwartungsgemäß eine hochwertige Mischung aus Fachbuch und kurzweilig zu durchblätterndem Fotoband, der das Beste aus beiden Welten sinnvoll vereint. In sechs Kapiteln wird die Entwicklung der Eisenbahn in und um die Messestadt nachgezeichnet, die 1833 mit Friedrich Lists Idee von einem sächsischen und deutschen Eisenbahnsystem begann und ab 1837 mit tatsächlich in die Realität umgesetzten Strecken, welche die größte sächsische Metropole mit Anhalt, Preußen, Thüringen und Bayern verbinden, zu einem äußerst bedeutenden Verkehrsknoten anwachsen ließ. Den verschiedenen Eisenbahngesellschaften und Staatsbahnen geschuldet waren zunächst einige unabhängige Endbahnhöfe entstanden, die ab 1902 mit dem Bau des Leipziger Hauptbahnhofes größtenteils zusammengefasst werden konnten. Dieses 1915 eröffnete Bauwerk mit seiner Infrastruktur bildet mit dem dritten Kapitel den Schwerpunkt des vorliegenden Buches – auch hinsichtlich der Fotomotive. Diese Aufnahmen sind bisher größtenteils unveröffentlicht und entstammen allesamt privaten Sammlungen. Der Bogen der gezeigten Traktionsarten reicht von den bis 1988 planmäßig in Leipzig präsenten Dampflokomotiven über Diesellokomotiven wie z. B. der nur im Raum Leipzig eingesetzten Baureihe 107 (bis 1970 Baureihe V75) der DR bis hin zu einem sehr vielfältigen Baureihenangebot mit elektrischem Antrieb.
Wie bunt es einst um den zu DDR-Zeiten rußgeschwärzten Hauptbahnhof zuging – der Rezensent hatte es fast vergessen. Er konnte sich aber durch die in den Stadtfarben Gelb und Blau lackierten LOWA-E5-Züge der Leipziger S-Bahn gedanklich wieder in die Bilder der Kindheit zurückversetzen – die Zeitreise funktioniert also. Weitere Teile des Buches behandeln einige andere Bahnhöfe und auch die Bahnbetriebswerke des Verkehrsknotens – gefühlt zu kurz, doch an dieser Stelle wird besonders deutlich, dass es sich um einen Bildband handelt. Die detailreichen und fundierten Bildunterschriften lassen einen manchmal glauben, doch ein Fachbuch in den Händen zu halten. Im letzten Kapitel wird nicht unkritisch die Entwicklung der Eisenbahn in Leipzig zur lokomotivlosen Personenbeförderungsoption mitten hinein ins Einkaufsparadies und Parkhaus des heutigen Hauptbahnhofes beleuchtet – ein Weg, der aber auch als Trostpflaster den City-Tunnel und somit das Kernstück der S-Bahn Mitteldeutschlands nach Leipzig brachte.
Fazit: Einen wohldosierten und zugleich reich bebilderten Ausflug in die Geschichte eines der bedeutendsten deutschen Eisenbahnknoten zu schaffen – das gelingt André Marks hervorragend. Die Kürze macht aber auch Lust auf eine tiefergehende Beschäftigung mit der Thematik – der Rezensent durchstreift seit ein paar Wochen den Leipziger Auwald auf der Suche nach Spuren der einst von Plagwitz zum Bahnhof Connewitz führenden Verbindungsbahn, die er auf einer Karte im Buch entdeckt hat.
12.08.2016