Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Spreewaldbahn
Im Spreewald nehmen die Initiativen zum Erhalt der letzten vor Ort gebliebenen Fahrzeuge der einstigen meterspurigen Schmalspurbahn zu. So haben von Ende Mai bis Mitte Juni zehn Schüler aus dem Landkreis Dahme-Spreewald und zehn aus dem polnischen Kreis Wollstein (Wolsztyn) den im Jahr 1996 vor dem ehemaligen Bahnhof Goyatz der Spreewaldbahn aufgestellten Gepäckwagen 904-002 restauriert. Die Arbeiten an dem Vierachser fanden im Rahmen eines vom Europaverein Dahme-Spreewald e.V. organisierten EU-Projektes statt. Nach dem Abschleifen des Kastens wurde der Aufbau grundiert und anschließend mit dem historisch korrekten Reichsbahn-Grünton (chromoxydgrün, RAL 6020) neu lackiert. Im Inneren entfernten die Schüler nach Ausmusterung des Wagens (1970) aufgebrachte Farbschichten und erneuerten den darunter befindlichen originalen eisengrauen Anstrich (RAL 7011). Außerdem fanden wichtige Erhaltungsarbeiten am Dach statt, so daß der 1953 aus Sachsen in den Spreewald umgesetzte Wagen in den nächsten Jahren im Freien aufgestellt bleiben kann. Den Abschluß der Restaurierung stellte das Beschriften des Kastens im Stil des 1958 von der DR eingeführten Schemas dar. Dazu nutzten die Schüler von einem Mitglied der IG Wagen in Sachsen angefertigte Schablonen. Dadurch wurden sowohl die originale Schrifttype als auch die korrekte Schriftgröße verwendet. Als zweiter Schritt ist nun vorgesehen, im Inneren des Waggons eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Spreewaldbahn einzurichten. Solche Angaben befinden sich in kleinerem Umfang derzeit bereits am ehemaligen Empfangsgebäude der Gemeinde, das als Sitz der örtlichen Tourist-Information genutzt wird.
In seiner jetzigen Form ist der Gepäckwagen übrigens erst 1952/53 im Raw Karl-Marx-Stadt entstanden. Auf seinem Rahmen befanden sich seit Indienststellung bereits zwei andere Aufbauten. Gebaut wurde das ursprüngliche Fahrzeug 1904 in den Eigenen Werkstätten der K.Sächs.Sts.E.B. in Chemnitz als offener Güterwagen für die meterspurige Schmalspurbahn von Reichenbach unterer Bahnhof nach Oberheinsdorf. Die erste Betriebsnummer des OOw (Gattung 868) lautete 4587M. Für die Aufnahme des Reiseverkehrs auf der „Rollbockbahn“ wurde der OOw 1910 zu einem vierachsigen Sitzwagen 3. Klasse umgebaut (Gattung 852). Die K.Sächs.Sts.E.B. führten ihn als solchen unter der Nummer 1004M. Die DRG zeichnete den Reisezugwagen 1927 zum Dresden M10001 um, die DR teilte ihm 1950 die Nummer 10.101 zu – im gleichen Jahr brannte der Wagenkasten des Vierachsers jedoch ab. Nach längerer Abstellzeit kam er 1952 ins Raw Karl-Marx-Stadt, welches ihn für den Einsatz auf der Spreewaldbahn zum Gepäckwagen umbaute. Der dort ab 1953 in Goyatz beheimatete Waggon erhielt 1958 die neue Betriebsnummer 904-002, mit welcher er 1970 nach Einstellung der Spreewaldbahn ausgemustert wurde. Seinen Kasten nutzte anschließend das Bw Cottbus als Lagerraum, bis der Wagen mit Drehgestellen aus der Schweiz 1996 in Goyatz vor dem Bahnhof aufgestellt wurde. Nach dem Vorbild der „Dampfbahn-Route Sachsen“ bereitet der Europaverein Dahme-Spreewald e.V. nun vor, mehrere an die Spreewaldbahn erinnernde Punkte zu verbinden und gemeinsam zu vermarkten. Neben dem Bahnhof Burg (Spreewald) mit seinen vielen originalen Fahrzeugen soll dabei auch der ehemalige Bahnhof Straupitz berücksichtigt werden. Hier hat sich die Interessengemeinschaft Spreewaldbahn nach einem Formfehler beim ersten Anlauf 2009 im Februar 2010 neu gegründet und steht kurz vor der Eintragung ins Vereinsregister. Die Mitglieder haben Anfang des Jahres den Kasten des ehemals zweiachsigen Sitzwagens 901-214 (Gotha 1928) erworben und in den vergangenen Monaten innerhalb mehrerer Arbeitseinsätze auf den Transport von Pretschen nach Strauptiz vorbereitet – (siehe Foto Seite 29). Dort befindet sich bereits der Kasten des Schwesterwagens 901-213, welcher aber in den fünfziger Jahren von der DR modernisiert worden war. Der Bau eines neuen Gebäudes für die Dampflok 99 5703 sowie den kombinierten Sitz-/Gepäckwagen 903-201 in Lübbenau ist indes immer umstrittener, da unter dem Putz eines vermeintlich wertlosen Gebäudes, welches für einen Museumsneubau abgerissen werden sollte, ein historisches Fachwerkhaus zum Vorschein gekommen ist. Beide viele Jahre im Schlosspark Lübbenau ausgestellten originalen Spreewaldbahn-Fahrzeuge sind derzeit öffentlich unzugänglich auf einem Firmengelände in Lübbenau hinterstellt. Der Preß´-Kurier wird über die weiteren Schritte berichten. Anläßlich des diesjährigen Johannismarktes in Straupitz stellt sich übrigens die IG Spreewaldbahn am Samstag, den 19. Juni, auf dem Gelände am Bahnhof Straupitz der Öffentlichkeit vor. Dann ist Gelegenheit, mit den Mitgliedern des Vereins ins Gespräch zu kommen. Der Eintritt ist frei.
22.06.2010