Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Tourismusprojekt Schönheide/Carlsfeld
Schwierige kommunalpolitische Entscheidungsabläufe
In Ausgabe 111 (6/2009) stellte der PK das „Tourismusprojekt Schönheide/Carlsfeld + Umgebung“ auf der Basis öffentlich zugänglicher Quellen ausführlich vor. Inzwischen gibt es, wiederum resümierend aus vorliegenden Veröffentlichungen und den Ergebnissen öffentlicher Veranstaltungen in den Gemeinden, verhaltene Fortschritte zu vermelden.
In den Kommunen Steinberg, Muldenhammer, Grünbach, Stützengrün, Eibenstock und Schönheide läuft seit einigen Monaten ein intensiver Klärungsprozeß innerhalb der Gemeindevertretungen, ob und wenn ja wie dieses Projekt unterstützt werden kann. Interessanterweise scheint sich mit der Gemeinde Steinberg (u.a. mit den Ortsteilen Wernesgrün und Rothenkirchen) gerade der Ort am intensivsten zu engagieren, der nach bisheriger Zeitplanung des vierstufigen Konzeptes erst im letzten Abschnitt von dem Projekt direkt betroffen ist. Der Steinberger Gemeinderat jedenfalls bekannte sich Ende Mai dazu, sich den Hut für die notwendige Projektorganisation aufzusetzen und die erforderlichen Förderanträge zu stellen. Für das auf drei Jahre Laufzeit befristete Vorlauf-Projektmanagement, dessen Kosten sich auf 236.820 Euro belaufen sollen, muß man bei angenommener 70prozentiger Förderung einen Eigenanteil von 7.694 Euro realisieren, das von den beteiligten Gemeinden zu je fünf Prozent und durch die beiden Landkreise Erzgebirgskreis und Vogtlandkreis mit zusammen 70 Prozent beigesteuert werden soll. Aufgabe der auf den Einsatz von zwei Mitarbeitern angelegten Projektmanagementstruktur soll es sein, die notwendigen Vorarbeiten für das Gesamtvorhaben zu koordinieren, das Betreiber- und Betriebskonzept aufzustellen sowie die benötigten Vermessungs- und Planungsleistungen zu steuern. Jedoch fällt auch für diese Leistungen noch einmal ein erheblicher „Geldbrocken“ an, so daß die veranschlagten Summen bereits Unterfinanzierung vermuten lassen.
Inwieweit die bisher verabredeten finanziellen Beteiligungen der Kreise und Gemeinden aber tatsächlich realisiert werden können, hängt nicht zuletzt auch von den Zusagen zu Übernahme der Förderung durch den Freistaat Sachsen ab. Im Zusammenhang mit den zu erwartenden Einschnitten in allen Bereichen des „öffentlich finanzierten Lebens“ stellt sich die Frage, ob Sachsen diese rund 165.000 Euro bereitstellen kann. Sparen wird auch vor kleineren Beträgen nicht haltmachen. Die in informierten Kreisen aus dem Wirtschaftsministerium kolportierten Meinungen nach einer zwingend höheren Beteiligung der Wirtschaft an dem Projekt lassen bereits schlechte Vorahnungen aufziehen. Dementsprechend kann es auch nicht verwundern, daß sich die Gemeinderäte schwer tun, dem Projekt den Startschuß zu erteilen. Anfang Juni brachte die Gemeinderatssitzung in Muldenhammer dieses Dilemma deutlich hervor. Man befürchtet, daß den Gemeinden die Kostenbelastungen über den Kopf wachsen könnten. Mit der GmbH, die das Projekt des Raumfahrtparks in Morgenröthe-Rautenkranz umsetzen sollte, hätte man vor einigen Jahren schon schlechte Erfahrungen gesammelt.
Insgesamt gesehen bewegt sich das durch die Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft maßgeblich unterstützte Vorhaben der Region um Schönheide in schwierigem Fahrwasser. Ein fehlender strategischer Kopf aus der Region mit entsprechender Anerkennung durch alle Beteiligten macht auch die Integration verschiedener Ideen, Einwände und Vorbehalte nicht einfacher. Hinzu kommt die mangels eines Betreiber- und Betriebskonzeptes völlig unklare wirtschaftliche Perspektive des Projektes – eine Finanzierung aus ÖPNV-Mitteln analog der SDG- und SOEG-Strecken erscheint kaum vorstellbar. Hier wird deutlich, daß das vorschnelle „Verkaufen“ von ungaren Projektideen und unvollständigen Konzepten in der Öffentlichkeit – wie dies durch wahlkämpfende „Parteistrategen“ im Sommer 2009 praktiziert wurde – einem solchen Projekt eher schadet. Die Folgen sind sichtbar: Die wirklich Interessierten rennen nun offenen Vorleistungen hinterher und zerreißen sich bei der argumentativen Überzeugungsarbeit der Gemeindevertreter.
Quellenverweise
• Freie Presse, 29./30. Mai 2010 • Freie Presse, 4. Juni 2010
22.06.2010