Preßnitztalbahn aktuell
Die Ausstellungs- und Fahrzeughalle | Ein zeitlicher Abriß von der Projektidee bis zur Einweihungsfeier (Teil 1)
1. Wohin mit den Fahrzeugen?
Bereits von den ersten Aktivitäten zum Aufbau der neuen Gleisanlage der Preßnitztalbahn im Jahre 1992 an gab es immer wieder das Problem – wohin mit den Fahrzeugen, um den Streckenvortrieb nicht zu behindern. Teilweise mußten, um an das jeweilige Bauende mit neuem Baumaterial zu gelangen, erst umfangreiche Rangierarbeiten stattfinden, bei denen der Arbeitsvorrat der „Fahrzeugbauer“ teilweise erhebliche Kilometerleistungen zurücklegte. Besonders in den Jahren 1992 und 1993 hielt der Gleisvortrieb oft nicht mit der Beschaffung von Fahrzeugen Schritt. Schon beim Aufbau des Bahnhofes Schlössel wurden im „Schattenbahnhof“ zusätzliche Gleise angelegt, um den Fahrzeugpark sicher außerhalb der Hauptgleise abstellen zu können. Im Bahnhof Schmalzgrube standen längere Zeit Fahrzeuge abgestellt, ohne daß sie Gleisanschluß hatten.
Somit entstand unter den Aktiven in Jöhstadt schon frühzeitig die Idee (wobei mancher Vorschlag sehr nach Modelleisenbahn klang), doch eine große Garage zu bauen. Nicht zufällig galten die ersten Überlegungen auch der Fabrikanlage in Schlössel, doch stand zunächst die alte Lagerhalle für eine Gleisanbindung unter besonderer Beobachtung.
Aber bevor ernsthaft derartige Überlegungen angestellt werden konnten, galt es, das Ziel Steinbach zu erreichen. Mit dem Aufbau der Gleisanlagen des Bahnhofes Schmalzgrube (1996) entspannte sich zumindest die permanente Abstellplatznot etwas, so daß die weiteren Gedanken an eine Fahrzeughalle nicht mehr durch pure „Parkplatz“-Zwänge bestimmt wurden.
2. Museale Fahrzeugaufarbeitung – aber wo?
Mit den eigenen Arbeiten zur Aufarbeitung von Wagen, die vorher viele Jahre als Schuppen gedient hatten, wurde das Heizhaus in Jöhstadt sehr schnell zu eng. Nicht nur, daß die eigentlichen „Bewohner“, die IV K-Lokomotiven, abwechselnd im Freien stehen mußten – auch die Arbeitsbedingungen für die Aufarbeitung von Holz- und Metallteilen wurden zunehmend ungünstiger. Aufgrund der Steigerung der Komplexität der vorgenommenen Arbeiten an den Wagenkästen (von der einfachen Neubeblechung der Außenverkleidung bis zum vollständigen Neuaufbau des Holzuntergestells) schränkten sich die zeitlichen Möglichkeiten weiter ein – die Aufarbeitung des Wagens 970-628, der über zwei Jahre einen Schuppenstand blockiert hat, zeigte schnell die Schmerzgrenze dieser Arbeitsweise auf. Unter Nutzung vielfältiger Finanzierungsmöglichkeiten wurden deshalb die Kapazitäten des Stellmachers in Zwönitz herangezogen, die Holzarbeiten nunmehr auswärtig zu bewerkstelligen.
Mit dem Anwachsen des Fahrzeugparkes parallel zum Streckenaufbau nach Steinbach mußte eine kontinuierliche Aufarbeitung und Untersuchung aller Wagen vorgesehen werden – auch wenn die „Neubau“-Aktivitäten der hölzernen Wagenkästen nicht mehr in Jöhstadt auszuführen waren, blieb dennoch genügend Arbeit für das Werkstattpersonal.
Zunehmend machten sich ab etwa 1995 an den bereits aufgearbeiteten Wagen wiederholt witterungsbedingte Schäden bemerkbar. Bedingt durch teilweise extreme Wetter- und Temperaturunterschiede zwischen Nacht und Tag, Frost und Sonnenschein wurden starke Zerstörungen an Dach- und Holzkonstruktion, Blechbeplankung und Farbgebung der Wagen sichtbar. Damit waren grundhafte Arbeiten an den Wagen in teilweise sehr kurzen Abständen von zwei oder drei Jahren erforderlich, die den laufenden Instandhaltungsumfang massiv erhöhten.
3. Acht Kilometer Ausstellungsfläche
Der kontinuierliche „Vortrieb“ der Bauspitze in Richtung Steinbach und erst recht seit dem regelmäßigen Befahren der acht Kilometer Strecke zwischen Jöhstadt und Steinbach machte ein sehr museumsuntypisches Problem sichtbar. Bedingt durch die betrieblichen Notwendigkeiten und an den einzelnen Stationen nur beschränkt verfügbaren Abstellplätzen für die Fahrzeuge waren unsere wichtigsten „Museumsexponate“ nun auf einer Strecke von acht Kilometern verteilt. Das bedeutete vor allem in Zeiten ohne Fahrbetrieb, daß die vorhandenen historischen Schmuckstücke der sächsischen Schmalspurbahngeschichte nur sehr schwer gezeigt werden konnten.
Viele Eisenbahnfreunde und Besucher unserer Museumsbahn kommen tatsächlich auch, um sich die Vielfalt in einer per Beschluß des sächsischen Königs aus dem Jahre 1879 durch Einheitlichkeit und Standardisierung geprägten Schmalspurbahntechnik anzuschauen. Betriebsfähige Exemplare von 1.- bis 4.-Klasse-Personenwagen, Güterwagen unterschiedlicher Gattungen und auf Rollfahrzeugen aufgebockten Regelspurwagen gibt es fast nur noch bei der Preßnitztalbahn zu besichtigen.
4. Konkrete Ideen wachsen
Während sich die Fertigstellung des Streckenaufbaus nach Steinbach bereits in absehbarer Reichweite befand, konkretisierten sich im Vorstand des Vereins die Überlegungen, mit einer Fahrzeughalle für Abstell- und Arbeitszwecke ein neues Großprojekt anzugehen.
Durch den Autor wurde am 9. Juli 1999 die abgebildete Vorlage zur Behandlung in der Statusberatung von Vorstand und Betriebsleitung Ende Juli eingebracht. In der Beratung wurde der Autor des Beitrages mit der Erarbeitung eines Lastenheftes für das Projekt beauftragt, gleichzeitig aber auch im Interesse der Erhaltung der Realisierungschancen volle Diskretion zu diesem Projekt vereinbart – selbst in der schriftlichen Fassung des Beratungsprotokolls fand dieser Tagesordnungspunkt keine Erwähnung.
Während im Sommer und Herbst 1999 schrittweise die Arbeiten am letzten Streckenabschnitt und an der großen Brücke über die Preßnitz ausgeführt wurden, fanden die Ideen und Vorschläge von zahlreichen Vereinsmitgliedern sowie Anregungen von entsprechenden Bauwerken an anderen Strecken (z.B. WAS Freital-Potschappel, Museumshalle der Selfkantbahn, ehemalige Werkstatt des „Rebenbummlers“ in Emmendingen) Eingang in das entstehende Konzept. Die erste öffentliche Erwähnung des Projektgedankens einer „Fahrzeughalle“ für die Preßnitztalbahn fand dann, sicher noch weitgehend unbeachtet, im Editorial des PK 52 (1/2000) im Februar 2000 statt.
Am 6. April 2000 erhielt der Vorstand zur konkreten Beratung die erste Fassung des Lastenheftes und Konzepts für eine „Fahrzeughalle und Instandhaltungswerkstatt Preßnitztalbahn“. Diese Vorlage war nunmehr wiederum die Grundlage für weitere Präzisierungen und Detailklärungen, da besonders hinsichtlich der möglichen und notwendigen Umfänge der durch den Verein künftig selbst auszuführender Instandhaltungsleistungen eine kontroverse Diskussion im Vorstand bestand.
5. Jetzt wird’s konkret
In den folgenden Wochen und Monaten, weiterhin parallel zu den intensiven Arbeiten am Streckenvortrieb und Fertigstellung des Bahnhofes Steinbach wurde der Kauf der vorgesehenen Grundstücke in Schlössel vorangetrieben. Im Juli 2000 erfolgte die Unterzeichnung des Kaufvertrages für das Grundstück des ehemaligen Werkteiles II in Schlössel des VEB Garnveredlungswerk Sehma, Schlösselstraße 65 und der darauf stehenden Ruine des alten Fabrikgebäudes. Da dem Vorstand bereits bei der Diskussion des Konzeptes eindeutig klar war, daß eine derartige Investition nur mit Fördermitteln realisierbar sein würde, begannen auch bereits erste Sondierungen möglicher Programme und Fördermöglichkeiten. Es zeichnete sich aber deutlich ab, daß das infrage kommende Förderprogramm der Europäischen Union noch geraume Zeit bis zur Wirksamwerdung benötigte, so daß konkretere Realisierungsüberlegungen zunächst in den Hintergrund gestellt wurden.
Zur Jahreshauptversammlung der IG Preßnitztalbahn e.V. am 25.11.2000 wurde das Konzept auf der Basis der Version 2 des Lastenheftes und erste Vorstellungen zu Abmessungen und Grundriß den Vereinsmitgliedern erstmalig vorgestellt. Nachdem sich aufgrund ungünstiger Aussichten zu möglichen Fördermitteln für die Investition im ersten Halbjahr 2001 konzeptionell gar nichts zum Projekt bewegte, kam Anfang Mai 2001 mit dem schrittweisen Entkernen und dem Abbruch von Teilen der alten Fabrikanlage zunächst wieder etwas Sichtbares zustande. Bis zum Wintereinbruch im November wurde die alte Fabrikruine soweit entkernt und teilweise auch schon abgebrochen, so daß nur noch Gebäudereste übrig blieben.
Mitte September 2001 wurde das Bauplanungsbüro für Architekten- und Ingenieurleistungen, Lippmann/Eppendorfer aus Brand-Erbisdorf zur Erarbeitung eines baulichen Konzeptes sowie zur Erstellung der Bauvoranfrage beauftragt. Nach Verweis der Zuständigkeit für das Bauvorhaben vom Landratsamt Annaberg an das Regierungspräsidium Chemnitz und der Mitteilung zum Ablauf des Genehmigungsverfahrens wurde mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und fachlicher Behörden begonnen.
Während sich weder auf Finanzierungs- noch Plangenehmigungsseite richtiger Fortschritt abzeichnete, wurden auf dem künftigen Baugelände weiter Tatsachen geschaffen. Ende des ersten Halbjahres 2002 war die ehemalige „Garnveredlung“ am Standort Schlössel endgültig Geschichte.
6. Marathon zu den Fördermitteln
Nach einem durch die Fördermittelstelle verworfenen ersten Antrag seitens der Stadt Jöhstadt im Herbst 2001 ergaben sich ab März 2002 neue Gesichtspunkte. Aus der nunmehr vorliegenden Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen zum EU-Programm „Interreg III A“ ergab sich, daß für den Verein als Vorhabenträger und Investor eine höherer förderfähiger Anteil an den Baukosten verfügbar wäre, als für die Stadt Jöhstadt. Da sich für das, bisher sehr stark auf Werkstattfunktionen fokussierte Konzept, in dieser Form jedoch kaum Chancen auf eine Förderung aus dem Budget für Wirtschafts- und Tourismusförderung ergeben hätte, erfuhr das Gesamtkonzept nochmals einer grundlegenden Überarbeitung. Besonders der bisher nur als Teilfunktion vorgesehenen Aufgabe einer kombinierten Ausstellungs- und Fahrzeughalle wurde nunmehr ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt, was sich dann auch im neuen Projekttitel „Ausstellungs- und Fahrzeughalle“ niederschlug.
Insgesamt acht Fassungen wurden vom Fördermittelantrag letztendlich erarbeitet, die letzte Version wurde am 23. Juli 2002 an die Fördermittelstelle übergeben. Nachdem dann im August 2002 die Hochwasserwellen durch Sachsen rollten und das Land verwüsteten, sah der Vorstand mittelfristig die Chancen auf eine Realisierung des Projektes als sehr gering an. Weitere Arbeiten an den Unterlagen zur Erlangung der Plangenehmigung wurden daraufhin im Herbst 2002 eingestellt.
27.05.2005