Preßnitztalbahn aktuell
Die Ausstellungs- und Fahrzeughalle | Ein zeitlicher Abriss von der Projektidee bis zur Einweihungsfeier (Teil 2)
7. Fördermittelbescheid zur Weihnachtszeit
Zur Jahreshauptversammlung am 23. November 2002 konnte nur der bisherige Stand der Arbeiten zum Abriß der alten Fabrikanlage, jedoch ohne konkrete Aussagen zu den Aussichten des Neubaus vermeldet werden. Auch regelmäßige Nachfragen bei den verantwortlichen Stellen brachten keine weiteren Informationen, so daß die Übermittlung des Förderbescheides zwei Wochen vor Weihnachten 2002 natürlich schon für eine gehörige Überraschung sorgte. Für eine richtige „Feier“ hatte aber (wie üblich) keiner Zeit und angesichts der umfangreichen Arbeiten, die auf den Verein warteten, auch keiner so richtig Lust…
Da sich logischerweise zum Jahreswechsel kaum noch etwas bewegen ließ, begannen die eigentlichen Arbeiten erst Mitte Januar 2003.
Zunächst hieß es dabei: Klärung der Zuständigkeiten. Der Autor dieses Artikels wurde für das Projekt als Gesamtprojektleiter (unter Nutzung seiner Möglichkeiten als verantwortlicher Mitarbeiter der Ingenieurgesellschaft HÖRMANN-RAWEMA GmbH) mit der kompletten fachlichen Planung und Auftragsbetreuung sowie der Kontrolle der Abrechnungen beauftragt. Kay Kreisel und Torsten Hahn nahmen die notwendigen direkten Aufgaben als Bauherr und Auftraggeber wahr. Ende Februar erhielt die HÖRMANN-RAWEMA GmbH den Auftrag zur Ausführung der erforderlichen Planungsleistungen als Projektauftrag für 10 % der Gesamtbauleistung. Für diesen Auftragsumfang mußten im folgenden Architekt und Bauplaner, alle Fachplanungsleistungen, Gutachter, Prüfingenieure und notwendige Vermessungen und Baugrunduntersuchungen einbezogen werden.
8. Planungsprozess mit Hindernissen
Auf der Basis der ersten Anforderungen durch das Regierungspräsidium Chemnitz wurde nunmehr intensiv an der Erarbeitung der Genehmigungsplanung gearbeitet. Das bedeutete aber auch zeitliche Verzögerungen durch weitere einzuholende Stellungnahmen von Behörden sowie aufgrund der Erstellung von Baugrundgutachten (erst bei frostfreiem Boden möglich) und Schallschutzgutachten. In verschiedenen internen Diskussionsrunden des Vorstandes und der Betriebsleitung wurden auf Basis vorliegender Gestaltungsentwürfe für das Bauwerk Festlegungen für die künftige Nutzung, zur Anordnung von Gebäudefunktionen und zur Gestaltung der Anlage getroffen.
Ende Mai konnte die weitgehend überarbeitete Planungsdokumentation für das Vorhaben an das Regierungspräsidium (RP) Chemnitz übergeben werden.
Mit sehr umfangreichen Forderungen an die Nachbesserung der eingereichten Unterlagen, insbesondere mit weiteren einzuholenden Stellungnahmen von verschiedenen Fachbehörden, kam im Juli 2003 der Ball wieder zurück zum Generalplaner, der nunmehr nicht nur mit der allgemeinen Urlaubs- und Krankheitszeit in einzelnen Ämtern zu kämpfen hatte.
Einzelne Behördenmitarbeiter fanden in einer neuerlichen Einbeziehung offensichtlich eine interessante Beschäftigungsalternative, so daß in wenigen Wochen umfangreiches Papier durch die Post zu bewegen war. Größtenteils entpuppten sich zahlreiche „Einwände“, „Ergänzungsanmerkungen“, „notwendige Vorleistungen“ etc. als pure Phantomschlachten, sie banden jedoch erhebliche Zeit bei ihrer Bearbeitung. Krönendes Beispiel dieses „Sommertheaters ´03“ war die Notwendigkeit, das Wasserrecht der seit 1959 außer Betrieb befindlichen und durch Verfüllung einer Eisenbahnbrücke bei km 22,5 unbenutzbaren ehemaligen Wasserkraftanlage der abgerissenen Fabrik als nunmehriger Grundstückseigentümer abzumelden, obwohl dies schon einmal durch den Landkreis im Jahre 1959 erfolgt war. Ende September 2003 konnten dann die erforderlichen Präzisierungen zur Plangenehmigung nachgereicht werden. Allerdings fanden sich auch jetzt noch Behörden des Landes, mit denen noch kein Kontakt bestanden hatte und die nunmehr auch noch Gehör erhalten sollten.
Eine sehr konstruktive Zusammenarbeit ergab sich in diesem Zusammenhang bei der Abstimmung aller eisenbahnbaulichen Belange mit dem LfB des Freistaates Sachsen. Durch den für den Oberbau zuständigen Mitarbeiter wurden in dieser Planungsphase wertvolle Erfahrungswerte bei der Gestaltung der Gleisanlage, der Weichenanordnung und der eisenbahnbetrieblichen Belange beigesteuert. Ende des Jahres 2003 schien die „Plangenehmigung“ zwar langsam in Sichtweite, allerdings hatte das Staatliche Umweltfachamt Chemnitz seine Bewertung der Antragsunterlagen in verschiedene Fachbereiche verstreut, zudem verstrichen auch mehrere „Fertigstellungstermine“, die durch die übergeordnete Behörde angesetzt waren.
Somit mußte das Jahr 2003 ohne bauliche Aktivitäten zu Ende gehen. Doch durch die zeitliche Befristung der Verfügbarkeit der Fördermittel bis Ende 2004 entstand nun erheblicher Druck auf den Bauablauf. Doch wer nun gedacht hatte, daß Anfang des neuen Jahres genügend Schwung beim Abschluß des Genehmigungsverfahrens vorhanden wäre, sah sich getäuscht.
9. Volles Risiko – Ausschreibung ohne Baugenehmigung
Anfang Februar 2004 zeichnete sich – trotz Erfüllung aller Anforderungen – seitens der Behörden ab, daß die „internen Behördenläufe“ im RP Chemnitz noch mindestens bis Ende März dauern würden. Dann erst mit den notwendigen Ausschreibungen beginnen zu können, hieße frühester Baubeginn im Juni – dann wäre die Fertigstellung im Jahr 2004 nicht mehr realistisch gewesen. In Abwägung des möglichen Risikos, einerseits bei Ablauf der Vergabefrist noch keine Baugenehmigung vorliegen zu haben und dadurch die Ausschreibung zu stornieren und ggf. mit Schadensersatzansprüche der Bieter rechnen zu müssen, andererseits aber bei weiterer Verzögerung das Gebäude keinesfalls mehr im Winter 2004/05 nutzbar zu haben, wurde im Vorstand die Entscheidung getroffen, die ersten Bauleistungen im Februar zur Ausschreibung bekannt zu geben. Parallel zu den Planungsaktivitäten im Jahr 2003 zeichnete sich auch die Notwendigkeit ab, zusätzliche Fläche für künftige Parkplätze ausweisen zu können. Der Verein bemühte sich daher im Sommer 2003 um den Erwerb der zwischen Paschweg und Schwarzwasser verbliebenen Fläche mit dem alten Schuppen, dem ehemaligen Heizhaus der Fabrikanlage und der Lagerhalle.
Nachdem die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen geschaffen waren, wurde – losgelöst vom gleichzeitig laufenden Plangenehmigungsverfahren für die Ausstellungs- und Fahrzeughalle – der Abrißantrag für diese Gebäude beim Landratsamt Annaberg gestellt. Nach geraumer Zeit der Prüfung im Amt lag Mitte Januar 2004 die Abrißgenehmigung vor. Innerhalb von drei Wochen wurde dieser im Februar vollzogen (Foto unten/Foto: Jens Weber). Besondere Schwierigkeiten stellte der Abriß an sich für die beauftragte Baufirma nicht dar, doch durch die langjährige Nutzung des Lagers für Betriebsstoffe sowie der Heizungsanlage bestand für einen Großteil der Abbruchmaterialien die Notwendigkeit der Entsorgung auf zugelassenen Deponien. Interessanterweise stellte man beim RP Chemnitz erst im Sommer 2004, daß diese Aktivitäten doch eigentlich in das Plangenehmigungsverfahren einbezogen gehört hätten…
Da die Bindefrist für die Ausschreibung der Lose 1 bis 3 (Baufreimachung, Hangbefestigung, Tief-/Hochbau) nach erfolgtem Vergabeverfahren und diversen Bietergesprächen am 15. April 2004 ablief, bestand Handlungsbedarf, nachdem sich bis Ende März noch immer keine „interne Einigung zu Detailfragen“ im RP Chemnitz abzeichnete.
Mit Unterstützung des Bürgermeisters von Jöhstadt wurde dem Regierungspräsidenten, Herrn Noltze, die Dringlichkeit der Situation vorgestellt und um Mithilfe bei der Findung der erforderlichen „internen Einigung“ gebeten. Innerhalb weniger Tage lag dann am 8. April 2004 die Plangenehmigung für das Bauvorhaben vor.
10. Jetzt kann der Bau beginnen
Mit Baugenehmigung und erfolgter Leistungsausschreibung der ersten Gewerke in der Tasche konnte innerhalb von elf Tagen der Baubeginn erfolgen. Ab 19. April rückten die Bagger auf der Baustelle an. Während sich das Baugelände täglich veränderte (siehe dazu Galerie auf der Internetseite https://www.pressnitztalbahn.de/museumsbahn/projekte/bau-der-ausstellungs-und-fahrzeughalle-2003-2005/baufortschritt), hatten die Planer weiterhin reichlich zu tun, um entsprechend den festgelegten Terminen die Ausschreibungen und Ausführungsplanungen fertig vorliegen zu haben. Bis Mitte Juli 2004 waren alle vorgesehenen Ausschreibungen der Baulose abgeschlossen.
Insbesondere bei den Auftragsumfängen für die Lose 4 „Stahl- und Metallbauarbeiten“ und 13 „Gleisbau/Tiefbau“ entstanden aber Ausschreibungsergebnisse, die das veranschlagte Budget des Vereins deutlich sprengten.
11. Kostensteigerung durch Stahlpreisexplosion
Diese sehr deutliche Steigerung gegenüber der dem Fördermittelantrag von 2002 zugrundeliegenden Kostenschätzung basierte vor allem auf der extremen Steigerung der Stahlpreise im Jahresschnitt 2004 um weit über 100 % gegenüber den Vorjahren. Der Vorstand entschied daher eine Strategie in zwei Richtungen. Einerseits wurden in einem Teil der Bauaufträge Vorbehaltsoptionen vorgesehen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt und unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit bestätigt werden sollten. Gleichzeitig wurde ein Antrag zur Aufstockung der Fördermittel gestellt, um wenigstens die zwingend erforderlichen Arbeiten für die Funktionsfähigkeit des Gebäudes abschließen zu können. Da sich aber abzeichnete, daß erst im Oktober 2004 ein Entscheid über den Antrag vorliegen würde, suchte und fand der Vorstand mit Unterstützung von der Stadt Jöhstadt und der Kreissparkasse Annaberg Möglichkeiten zur Zwischenfinanzierung der zusätzlichen Anforderungen, die den Verein aber auch längerfristig beanspruchen würden. Während die Tage immer kürzer wurden, aber sich der Winter glücklicherweise bis Mitte November geduldete, entstand zunehmender Druck, die Leistungen wie vereinbart bis Mitte Dezember 2004 entsprechend den beauftragten Umfängen abzuschließen, da die Abrechnung der Fördermittel bis zum Kassenschluß des Jahres zu erfolgen hatte.
Per 17. Dezember 2004 bestätigte der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht als zuständige Bauaufsichtsbehörde die vorläufige Inbetriebnahme der „Ausstellungs- und Fahrzeughalle“. Bereits über die Weihnachtsfeiertage 2004 konnten die ersten Fahrzeuge das schützende Dach des Gebäudes in Anspruch nehmen. Von Januar bis März 2005 waren dann in dem Gebäude noch einige Auftragnehmer mit Restleistungen beschäftigt, ab April wurde sich auch intensiv mit der Gestaltung des Umfeldes der Ausstellungs- und Fahrzeughalle beschäftigt.
Vom 3. bis 5. Juni 2005 konnte sich die Öffentlichkeit im Rahmen der Einweihungsfeier vom Ergebnis des hier geschilderten Prozesses überzeugen.
Epilog – Ein paar persönliche Anmerkungen
- Ein derartiges Projekt lebt von einer breiten Unterstützung, auch wenn es direkt und mit hohem Engagement von Einzelnen vorangetrieben werden muß, damit es letztendlich gelingt. Ich bedanke mich bei allen direkt und indirekt Beteiligten für ihre Unterstützung. Das Lob, das für das Ergebnis von vielen Seiten überbracht wurde, gehört auch denen, die beim offiziellen Teil meist nur im Hintergrund stehen.
- Es gibt in Deutschland einen gesetzlich verordneten Aufwand, der die Realisierung solcher Projekte teils vom Wohlwollen einzelner Behördenmitarbeiter abhängig macht, aber letztendlich für keine Seite einen Nutzen hat. Wenn der Gesetzgeber daran nicht bald etwas ändert, wird das für die ganze Gesellschaft noch große Probleme bringen – vielleicht eine Anregung für den nächsten Bundestag …
- Blühende Landschaften und heimische Tiere sind eine feine Sache – ohne den Menschen, der hier lebt, aber auch sehr sinnfrei. Wir haben schon im Interesse des Images für die Preßnitztalbahn an allen Stellen auf die Einhaltung aller Standards bei minimaler Umweltbelastung und auf größte Sicherheit beim Bau geachtet. Aber mit „Auflagen“ teurer bauen als in Deutschland, geht wahrscheinlich nicht mehr…
29.07.2005