Stillgelegte Eisenbahnstrecken heute
Pöhlatalbahn Grünstädtel – Oberrittersgrün
(Teil XXIV)
Eines vorweggenommen: Wer sich auf die Spuren der am 1. Juli 1889 eröffneten, 9,4 km langen und am 25. September 1971 eingestellten Schmalspurbahn Grünstädtel – Oberrittersgrün begibt, sollte den Ausflug im Eisenbahnmuseum Oberrittersgrün mit einem Besuch der dortigen Schauanlage beginnen. Außerdem sollte er sich auf den Abschnitt zwischen der ehemaligen Haltestelle Unterrittersgrün und der Ortsgrenze von Grünstädtel beschränken. Auf diesem Abschnitt lohnt ein Ausflug dafür um so mehr, ist doch der ehemalige Bahndamm hier asphaltiert und als Radweg nutzbar. An mehreren Stellen des Weges sind Hinweistafeln mit alten historischen Fotos und Benennung der ehemaligen Gebäude/Fabrikanlagen aufgestellt. Der Weg ist durch eine Markierung mit grünem, schräg von links oben nach rechts unten gehendem Strich auf weißem Grund gekennzeichnet. Im Eisenbahnmuseum gibt es dazu auch eine Broschüre zu erwerben, in der (neben anderen) auch dieser Wanderweg „Rund um Rittersgrün“ erläutert ist. Für alle, die im Besitz des Buches „Schmalspurbahn Grünstädtel – Oberrittersgrün“ sind, lohnt auf jeden Fall ein Blick in dieses, um bessere Vergleiche zu einst ziehen zu können. Für unsere gedankliche Wanderung beginnen wir die Bereisung aber im Bahnhof Grünstädtel an der Normalspurstrecke Annaberg – Schwarzenberg, wo die Schmalspurbahn über 82 Jahre lang ihren Ausgangspunkt hatte.
34 Jahre nach der Betriebseinstellung kann man hier kaum noch etwas entdecken, was an den damaligen Trennungsbahnhof erinnert. Noch zu erkennen ist die einstige Öffnung an der Südseite des Güterschuppens, in den zu Betriebszeiten für die Stückgutumladung ein Schmalspurgleis hineinführte. Als besonderes Erinnerungsstück schlummert im Gras, im ehemaligen Schmalspurteil des Bahnhofes, die Schwelle der Toreinfahrt in den dortigen einständigen Lokschuppen, erkennbar an den beiden Aussparungen im 750-mm-Abstand für die Gleise. Der folgende, anfänglich noch parallele Verlauf der Schmalspurstrecke zur Normalspur sowie der anschließende Rechtsschwenk ins Pöhlatal sind nicht einmal mehr zu erahnen. Der einstige Bahndamm ist hier durch Industriebauten, Wohngrundstücke bzw. am Ortsausgang in Richtung Pöhla durch eine Kleingartenanlage überbaut.
Fast genau am heutigen Ortsausgangsschild treffen wir wieder auf die einstige Strecke – den heutigen Rad- und Wanderweg, welcher sich auf der ehemaligen Trasse befindet. Kurz vor der früheren Haltestelle Pöhla am km 2,3 der GR-Linie wurde und wird der Bach auf einer kleinen Brücke überquert, die auch heute, mit Holzbohlen und Geländer versehen, in die Wegführung eingebunden ist. Von der am km 2,35 gelegenen Haltestelle Pöhla selbst ist nichts mehr auszumachen. Im folgenden Verlauf, am Bahnübergang vorm einstigen Anschluß Eisenwerk Pfeilhammer, gibt ein Stück fehlender Asphalt sogar den Blick auf noch liegende, überteerte Schienen frei.
Schon kurz nach Überquerung einer weiteren kleinen Werksgrabenbrücke wird am km 3,65 die frühere Haltestelle Siegelhof erreicht, die heute mit Garagen bebaut ist. Aber zwischen diesen eingezwängt steht noch die hölzerne Wartehalle in ihrer typisch sächsischen Bauform. Ohne eine Erinnerung für die Nachwelt verschwand auch die für Zugkreuzungen dienende Haltestelle Niederglobenstein. Das am km 5,2 folgende, gern fotografierte „Heubrückl“ hat heute für den Radweg einen modernen Nachfolger aus Holz gefunden. An der Holzwarenfabrik Flemming, einst auch im Besitz eines Gleisanschlusses, beginnt die Ausschilderung mit den eingangs erwähnten Informationstafeln. Im weiteren Verlauf Richtung Unterrittersgrün steht rechterhand der als „Felsenkluck“ bezeichnete markante Felsvorsprung. Auch die beiden folgenden Fabriken, die Pappenfabrik Breitfeld und das Sägewerk Hofmühle, hatten am km 6,8 einen gemeinsamen Gleisanschluß. Dazu mußte die Bahn jedoch auf einer aufwendigen, bis in die heutige Zeit erhalten gebliebenen, Brückenkonstruktion auf das rechte Ufer des Pöhlawassers gelangen. Am km 7,3 lag die letzte Unterwegsstation, die Haltestelle Unterrittersgrün, die heute ebenfalls mit Garagen bebaut ist. Im oberen und letzten Streckenteil passierte die Bahn noch insgesamt sieben Brücken. Von diesen sind noch mehrere erhalten. Die letzte liegt am km 9,3 direkt vor der Einfahrt in den einstigen Endbahnhof und wurde 1996 sogar restauriert.
27.05.2005