Kommentar
Bauen ohne Fertigstellungsziel
Der Vorsitzende der IG Preßnitztalbahn e. V., Mario Böhme, benannte in seiner Ansprache bei der Festveranstaltung „125 Jahre Preßnitztalbahn & 25 Jahre Museumsbahn“ einen Punkt, der ganz besonders den anwesenden Politikern und Verwaltungsleitern galt – doch weder der Landtagspräsident Dr. Rößler noch der Landrat des Erzgebirgskreises, Frank Vogel, gingen auf diese Unterstützungsbitte in ihren leider wenig inspirierenden Grußworten ein.
Die Rede ist von der mangelnden Unterstützung und Sensibilität von Verwaltungseinheiten, Ämtern und Behörden im Freistaat, die mitunter losgelöst von den realen Problemen und Anforderungen der lokalen Akteure sowie Gebietskörperschaften handelten – ja teilweise im Widerspruch zu den damit nur als Floskeln abzulegenden Reden der Politik stehen. Ein krasses aktuelles Beispiel für dieses erbarmungslose Handeln von Landesbehörden ist die Planung des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (LaSuV), an der S265 zwischen Steinbach und Schmalzgrube einen rund 120 m langen Stützmauerabschnitt zur Preßnitz zu erneuern und eine Brücke über den Tiefenbach zu ertüchtigen. Nicht, dass etwas grundsätzlich gegen diese Arbeiten zu sagen wäre, sind sie doch für den langfristigen Erhalt der Verkehrswege notwendig. Allerdings wirft eine Vorankündigungsfrist von nicht einmal zehn Kalendertagen vor Baubeginn erhebliche Zweifel am Arbeitsverständnis der Behördenmitarbeiter auf. Ist hier Vorsatz im Spiel, einer auf den Tourismus angewiesenen Region einen Hauptverkehrsweg in der Hauptsaison zu entziehen – ohne dass den Betroffenen ausreichend Zeit für Information und Vorsorge eingeräumt wird?
Auch die Preßnitztalbahn hat es bei den Planungen für das Jubiläumsjahr komplett kalt erwischt. Doch jetzt kommt der schwerwiegendste Kritikpunkt – für dieses Bauvorhaben wird „generös“ das 3. Quartal 2018 als Fertigstellungstermin benannt. Demnach soll eine wichtige Ortsverbindungsstraße mehr als 15 Monate gesperrt bleiben und allen Nutzern – einem Großteil Touristen – für diese Zeit ein über 20 km langer Umweg zugemutet werden. Glaubt da echt noch jemand, ein durchreisender Tourist würde nach dem Abbiegen in Steinbach wieder ins Preßnitztal zurückfinden, um beispielsweise im Forellenhof einzukehren?
Nun mag das Amt womöglich lieber vorsorglich viel mehr Zeit veranschlagt haben als notwendig, um nicht in eine Reihe mit anderen unendlichen Bauprojekten geschoben zu werden. Doch bei Bauausschreibungen sind einfach jegliche Bauzeitenvorgaben entfallen, um ja auch wirklich den allerbilligsten Anbieter zu bekommen. Den Baufirmen ist das nur Recht, schließlich gibt ihnen das den Freiraum, ihre vorhandenen Kapazitäten auf mehrere Baustellen zu verteilen und das Risiko von fehlender Auslastung zu reduzieren – lieber 40 Baustellen mit je einem Mann und einer Schubkarre besetzen, als bei einer Baustelle mit 40 Mann und vier Baggern am Ende der Baustelle keine Anschlussverwendung für Mann und Maulwurf zu haben.
Doch wenn die öffentliche Hand so agiert, dann ist das eben gerade kein sparsamer Umgang mit Steuermitteln, denn die Folgekosten für die Volkswirtschaft sind ungleich höher. Vielleicht wäre es auch hier für die Politik einmal an der Zeit, die Folgekostenrechnung einzubeziehen und den ausführenden Behörden klare Handlungsvorgaben zu definieren. Aber mit rein gar nichts ist die Borniertheit der Straßenbauverwaltung zu erklären, die dringend notwendige Instandsetzung an genau der gleichen Straße am Ortseingang von Steinbach nicht im „Windschatten“ dieser Baustelle auszuführen. Findige Steinbacher Bürger pflanzten zu Ostern gleich einmal öffentlichkeitswirksam in die über die Straße verteilten Schlaglöcher mehrere Bäume. Wenn irgendwann einmal auch diese Reparaturen endlich eingeplant sind, kann das Amt die Straße ja getrost ein weiteres Mal auf unbestimmte Zeit schließen. Denn dann haben sich alle Anwohner und Touristen mit dem Fehlen einer Straße von Steinbach nach Schmalzgrube vermutlich längst arrangiert.
15.06.2017