Bücher-Markt
Rezensiert: Kleinbahn „live“
Ingrid Berg
Kleinbahn „live“
Von Frauenstein bis Klingenberg, um Wilsdruff, Kipsdorf, Radebeul, Zittau, Jöhstadt …
Eigenverlag Ingrid Berg, Freiberg 2007 216 Seiten (8 farbig), 108 SW- u. 22 Farbfotos ISBN: 978-3-00-021696-1 Preis: 16, 50 Euro
Unsere sächsischen Schmalspurbahnen - das ist mehr als langweilige Loknummern, trockene Wagentabellen und verzwackte Streckenskizzen! Schmalspurbahnen waren und sind Bestandteil unseres Lebens. So können das Spielen von Kindern, Leid und Freude, fleißiger Menschen Arbeit sowie die Erinnerungen an gute und schlechte Zeiten durchaus mit den Eisenbahnen auf schmaler Spur in Verbindung stehen. Eine Meisterin der Darstellung dieses Zusammenhanges ist Ingrid Berg! Im Juni erschien ihr nunmehr viertes Buch mit Geschichten um die kleinen Bahnen. Darin schlägt die Autorin einen noch größeren Bogen als bisher: Von lesenswerten Anekdoten aus der Anfangszeit der deutschen Eisenbahnen über die geliebten sächsischen Schmalspurbahnlinien nach Frauenstein, Wilsdruff und Kipsdorf bis hin zu Sonderfahrten im Rahmen des Jubiläums „125 Jahre sächsische Schmalspurbahnen“ reicht das Spektrum. Neu sind liebenswerte Erinnerungen und spannende Geschichten aus dem Preßnitztal und Dresden. „Gastaufsätze“, z. B. zu den Ereignissen am 13. Februar 1945 in der sächsischen Landeshauptstadt, sind wertvolle Zeitdokumente, die der Rezensent wißbegierig aufsog. Andere Kapitel - beispielsweise der „Tränengasvorfall“ Anfang der sechziger Jahre auf der Frauensteiner Linie - ließen ihn herzhaft lachen, den raschen Wechsel zwischen lustigen und nachdenklich stimmenden Texten empfand der Rezensent dabei als wohltuend. Einen Applaus hat Frau Berg ebenfalls für ihre Darstellung der Ärgernisse mit den 1992 eingeführten 099-Loknummern verdient. Sie stellt geschickt dar, zu welch absurden Verwechslungen es mit diesen ungeliebten Betriebsnummern kommen konnte. Kein Aprilscherz sind ihre Berichte von den Freitaler Dampfloks mit Windleitblechen. Fein, daß über diese Details endlich einmal jemand schreibt. Wie gewohnt hat Ingrid Berg ihr Büchlein mit weitgehend unbekannten Aufnahmen illustriert, die eine ideale Bereicherung zu Streckenmonographien darstellen. Ihre Frankenberger Vertragsdruckerei brachte sowohl die Fotografien als auch den Text sauber auf hochwertiges Papier. Für Puristen noch zwei Hinweise: Der Vater der Autorin wurde 1915 vor einer der 1900 von der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz gebauten Schnellzugdampflokomotive der Gattung VIII V1 fotografiert (Seite 11), einer 2’B-Type (Baureihe 13.15), von denen die letzte Vertreterin 1930 ausschied. Auf Seite 117 hat sich ein falsches Foto eingemogelt. Abgebildet ist kein Schmalspurzug, sondern ein regelspuriger Bauzug. Bespannt wird er von einer Personenzuglokomotive der sächsischen Gattung III aus den Lieferjahren 1871 bis 1873. Die DRG führte bis Ende 1925 nur noch eine solche 1’B-Lokomotive innerhalb der Baureihe 34.76.
Fazit
Ingrid Bergs neues Schmalspurbuch kann jedermann empfohlen werden, der nicht von der Eisenbahn lassen kann, aber sich auch nicht ständig der Nietenzählerei hingeben möchte. Das Buch weist einen sehr hohen Unterhaltungswert auf, informiert aber gleichzeitig auch über Details, die man anderswo vermißt: Das ideale Buch für kurze Lesevergnügen im Bett-oder auf dem Bahnsteig.
28.09.2007