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Rezensiert: Kleinbahnen in Hinterpommern | Raum Lauenburg, Köslin und Deutsch Krone
Rudolf Felber, Wolf-Dietger Machel
Kleinbahnen in Hinterpommern | Raum Lauenburg, Köslin und Deutsch Krone
216 Seiten im Format 21 x 29,7 cm mit Festeinband sowie 325 Schwarzweißabbildungen VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2019 ISBN: 978-3-941712-72-0 Preis: 29,80 Euro
Über die vor 1945 jenseits von Oder und Neiße errichteten deutschen Eisenbahnen gibt es in deutscher Sprache nur wenig Literatur. Eine kleine Lücke in diesem Forschungsfeld ist seit Sommer 2019 geschlossen: Über im Kern sieben der 16 einst östlich der Oder in Hinterpommern vorhandenen schmal- und regelspurigen Kleinbahnbetriebe ist ein 216-seitiges Buch erschienen. Dabei handelt es sich um die Kleinbahn Chottschow – Garzigar (K.C.G.), die Kleinbahn Neustadt – Prüssau (K.N.P.), die Kleinbahn Freest – Bergensin (K.F.B.), die vereinigten Kleinbahnen der Kreise Köslin, Bublitz und Belgard (K.B.B.K., mit 750 mm einzige Schmalspurbahnen im Buch), die Kleinbahn Güdenhagen – Groß Möllen (K.G.G.M.) und die daraus entstandene Kösliner Stadt- und Strandbahn (K.S.u.S.), die Kleinbahn Kreuz – Schloppe – Deutsch Krone sowie die Kleinbahn Deutsch Krone – Virchow. Dass sich den beiden letztgenannten Bahnen zwei Kapitel widmen, gehört zu den geschichtlichen Besonderheiten durch die Grenzverschiebung zwischen den Provinzen Pommern und Westpreußen. Bei der Kösliner Stadt- und Strandbahn handelte es sich um eine kleinbahnähnliche Straßenbahn, über die bereits eine fundierte Monographie im gleichen Verlag erschienen ist. Über die anderen aufgezählten Kleinbahnbetriebe gab es in den vergangenen 25 Jahren zwar einzelne Angaben in der Zeitschrift „Die Museumseisenbahn“ sowie in Büchern wie z. B. dem Pommernbuch vom Bufe-Verlag, aber noch niemals zuvor legte ein Verlag so viel Wissen über diese Strecken in einer Publikation vor. Berücksichtigt wird im vorgestellten Buch allerdings nur die Entwicklung der sieben Kleinbahnen bis zum Frühjahr 1945 (wobei die Kleinbahn Freest – Bergensin bereits 1926 stillgelegt worden war). Welche der übrigen Strecken auf sowjetische Anordnung demontiert und welche von den PKP übernommen wurden, bleibt meist offen.
Zu den Defiziten des Buches gehört auch das Fehlen von Übersichtstabellen zu den einzelnen Kleinbahnbetrieben, wie sie z. B. im Lose-Blatt-Sammelwerk „Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland“ üblich sind. Kernangaben wie Eröffnung, Streckenlänge und Einstellung müssen daher mühsam in den einzelnen Unterkapiteln gesucht werden. Als Quellen verwendete der Hauptautor Rudolf Felber vor allem Veröffentlichungen in zeitgenössischen Amtsblättern und Fachzeitschriften, die in Archiven westlich von Oder und Neiße vorliegen. Auf eine Archivrecherche in den heute zu Polen gehörenden Städten ließ er sich nicht ein. Dennoch verdient vorliegendes Buch Anerkennung, überrascht es doch trotzdem mit einer detailreichen Darstellung der Kleinbahnbetriebe – und vor allem mit überraschend vielen Aufnahmen vom Betriebsalltag zu deutscher Zeit. Das Einleitungskapitel gibt einen Überblick über das Kleinbahnwesen in ganz Pommern und enthält Überblickstabellen über die Betriebe bzw. die jeweiligen Verwaltungseinheiten. Das dürfte zu den Verdiensten des sich nachträglich als Mitautor eingebrachten Wolf-Dietger Machel gehören, der die Texte von Felber großartig lektoriert hat. Trotzdem blieben bei den ergänzten Angaben zu den Spurweiten sowie beim Unterteilen in Vor- und Hinterpommern einzelne Fehler leider nicht aus. Der Rezensent dankt dem Verlag, diese Monographie trotz genannter Mängel veröffentlicht zu haben, denn das Buch ist ein wichtiger Meilenstein zur Erforschung der Eisenbahngeschichte! Möge es sich so gut verkaufen, dass ein Nachfolgebuch über weitere Kleinbahnen in Hinterpommern erscheint!
Fazit
Eine Fleißarbeit mit vielen und schönen Aufnahmen. Trotz gewisser Mängel ist das Buch Interessierten unbedingt zu empfehlen!
16.10.2019