Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
jetzt also „sind wir Welterbe“, so ist es auf großen Plakatwänden zu lesen gewesen, nachdem das UNESCO-Weltkulturerbekomitee im Juli 2019 die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří mit seinen 17 sächsischen und fünf tschechischen Bestandteilen in die Liste der Objekte aufgenommen hat, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltbedeutend als kulturelles Erbe der Menschheitsgeschichte bestätigt sind. Zur umfassenden Veranschaulichung des montanhistorischen Kulturerbes tragen noch weitere 18 „assoziierte Objekte“ auf sächsischer Seite bei. Mit der zum Bergbaugebiet Annaberg gehörenden früheren Eisenhütte Schmalzgrube gibt es auch im Preßnitztal einen derartigen Anlaufpunkt. In Dippoldiswalde sind die hochmittelalterlichen Silberbergwerke als Bestandteil des Bergbaugebietes Altenberg einbezogen. Bei beiden Objekten kann also auch eine Schmalspurbahn vom Anspruch „Wir sind Welterbe“ partizipieren.
Es sind zunächst hehre Ansprüche, die mit der Aufnahme in die UNESCO-Liste verbunden werden, die man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen muss, und die es gilt, mit praktischem Bezug zu erfüllen. Maßgebliches Ziel ist nun, eine gesamtheitliche Vermarktung der Region mit diesem Titel fortzuschreiben. Sobald man sein Blickfeld weitet und über den deutschen Gartenzaun hinaus in die Welt blickt, stellt man fest, dass der Titel Potential für eine neue Klientel von Touristen bietet, die die Liste der UNESCO als Leitfaden für ihre Reiseplanung sehen. Das hat zur Folge, dass Menschen aus anderen Ländern nach Sachsen und ins Erzgebirge kommen werden. Wenn dies gewünscht ist, müssen wir dafür sorgen, sich als Gastgeber von der besten Seite zu zeigen und persönlich fremd erscheinenden Menschen das Gefühl geben, hier wirklich willkommen zu sein. Definitiv kein Aushängeschild sind Aversionen und Diffamierungen gegenüber Fremden – seien es Schutzbedürftige nach den geltenden Asylregeln, hier Ausbildung Bekommende oder einen Beruf Ausübende oder eben Touristen auf der Suche nach kulturhistorisch Interessantem. Dass es vielerorts im Erzgebirge – besonders im Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe – kaum noch ohne Arbeitskräfte aus dem benachbarten Ausland funktioniert, sei deshalb nur nebenbei in Erinnerung gerufen.
Am 1. September stehen in Sachsen sowie Brandenburg und am 27. Oktober dann auch in Thüringen die Landtage der Bundesländer zur Neuwahl. Es sollte das demokratische Verständnis von jedem an oben genannten Ansprüchen und Zielen Interessiertem sein, sein Wahlrecht auch auszuüben und dabei eine klare Abwägung zu treffen, welche Parteien und Programme diesen Vorstellungen entsprechen. Protestwahlverhalten, weil man mit dieser oder jener Entscheidung in der Vergangenheit oder mit einer speziellen Politikernase nicht einverstanden ist oder weil man „es denen mal so richtig zeigen will“, hilft bestimmt nicht, Dinge produktiv voranzubringen. Populistische und nationalistische Standpunkte sind damit nicht zu vereinbaren. Meine Bitte an Sie: Gehen Sie bitte wählen und wählen Sie mit Bedacht. Zuviel Politik zur Vorrede? Keine Sorge, wir haben auch in diesem Sommerheft wieder eine breite Mischung interessanter Informationen von vielen Eisenbahnen sowie Vereinen – und natürlich hoffen wir, dass Sie diesen auch wieder einen Teil Ihrer Freizeit und Ihres Geldes bei Besuchen widmen.
Glück Auf
04.08.2019