Preßnitztalbahn-Meilensteine
Rückblick: Vor 15 Jahren (Teil 3) - Juni 1992 (Bahnhofsfest Pfingsten)
Vor 15 Jahren, im Juni 1992, feierte die IG Preßnitztalbahn e. V. nicht nur den 100. Geburtstag der Strecke – sondern es war auch das erste Pfingst-Bahnhofsfest, zu dem der Verein eingeladen hatte. Viele Dinge und Abläufe, die in diesem Jahr bereits zum 16. Mal gemacht worden sind und damit für Routine und „geregelten“ Ablauf sorgten, fanden 1992 das allererste Mal statt. Ein Grund, diesen Teil des Rückblicks speziell dem 1. Bahnhofsfest zu Pfingsten 1992 zu widmen.
Bereits im Oktober 1991 (in der zweiten Ausgabe des PK!) gab es einen Aufruf an die Vereinsmitglieder, sich an der Vorbereitung des 100. Geburtstages zu beteiligen. Doch wie so oft hatte niemand richtig Zeit, sich längerfristig auf das Fest vorzubereiten. Spätestens nachdem am 10. Januar 1992 die erste Dampflok nach Jöhstadt zurückkam, war klar, daß das runde Jubiläum richtig gefeiert werden sollte. Eine bessere Gelegenheit, der Öffentlichkeit den erklärten Willen zur Fortsetzung des Projektes zu geben, konnte es ja nicht geben.
Doch erst vier Wochen vor dem Pfingstfest begannen die Bauarbeiten zur Gestaltung der Gleisanlage vor dem Lokschuppen, nachdem der Winter und die notwendige Verlegung von Rohrleitungen das Gelände eher einer Müllhalde ähnlich sehen ließen. Parallel zu den sichtbaren Arbeiten begannen die Vorbereitungen für das Fest. Ein Fest sollte es schon werden – also mußte ein Festzelt her. Für die „neumodischen“ Bierzelte reichte das verfügbare Geld nicht, da paßte es gut, daß jemand das große Zelt der Gemeinde Hammerunterwiesenthal kannte und besorgen konnte.
Die gastronomische Versorgung wollte der Verein natürlich selber erledigen, also mußten eine Verkaufsbude und original Thüringer Rostbratwürste (aus Weimar) organisiert werden. Schließlich bestand die Festvorbereitung aus unendlichem Improvisieren, noch am Samstagvormittag wurde am Gleis gearbeitet, während die ersten Gäste bereits kamen. Daß überhaupt Gäste kamen, war sicher zum großen Teil der Plakatklebeaktion zu verdanken, die im Vorfeld in Orten, die in einem Radius von bis zu 50 km um Jöhstadt herum liegen, stattgefunden hatte. Außerdem halfen sicherlich auch mehrere Presseartikel.
Als größter Flop (und „Millionengrab“ aufgrund der dadurch entstandenen Kosten) erwies sich die eigentlich als Bonusprogramm vorgesehene Zubringerfahrt mit einem Dampfzug von Chemnitz nach Wolkenstein. Nicht einmal 100 Fahrgäste konnten an beiden Verkehrstagen in den Zügen begrüßt werden – viel zu wenig, um kostendeckend zu sein. Den angebotenen Buspendel durchs Preßnitztal nutzten jedoch eine ganze Menge Menschen, die beim obligatorischen Halt am Bahnhof Steinbach das ehemalige Bahngelände besichtigen konnten (siehe Foto PK 95 Seite 10)
Bereits Freitagabend wurde das Bierzelt durch die Vereinsmitglieder genutzt, doch ab Samstagvormittag hatten diese für einen Besuch darin kaum noch Zeit. Souvenir- und Imbiß-Stände sorgten für die notwendige Ablenkung der nicht so sehr am Eisenbahngeschehen Interessierten. Am Pfingstsonntagabend war der Auftritt der Liveband „Cliff“ sicherlich der Höhepunkt des Rahmenprogramms. Pünktlich zum Fest erschien die erste Auflage des Buches „Schmalspurbahn Wolkenstein – Jöhstadt“. Verleger und Autor verkauften in der Bergstadt die ersten druckfrischen Exemplare. Für die Gäste mit schmalerem Geldbeutel gab der Verein eine kleinere Festschrift „100 Jahre Preßnitztalbahn“ heraus (deren preisgünstige Herstellung von Vereinsmitglied Stefan Müller aus Stuttgart organisiert wurde). Im Lokschuppen wurde über einen zu dieser Zeit für Privatpersonen noch unerschwinglichen Beamer das EK-Video von der alten Preßnitztalbahn gezeigt. Auch eine Fotoausstellung entlang der Lokschuppenwände fand sehr interessierte Aufnahme durch die Besucher.
Und was wurde eisenbahnseitig geboten? Auf rund 100 m Gleis, verbunden über eine Weiche, absolvierte die IV K 99 1568-7 die ersten Fahrten der neuen Preßnitztalbahn. Zeitweilig warteten an der Zustiegsstelle für die Führerstandsmitfahrten mehrere Dutzend Menschen.
Ohne Bahnsteig und Wege stolperten die Besucher über das Gelände, das teils frisch geschottert war und teils aus purem Erdboden bestand. Für alle Gäste und selbstverständlich auch für die beteiligten Vereinsmitglieder war es immer wieder ein erhebendes Gefühl, wenn die IV K zur „nächsten Runde“ mit viel Gebimmel, Geläut und qualmend über das Gleis fuhr. Die ein Jahr zuvor auf private Initiative nach Jöhstadt gebrachte Diesellok vom Typ HF130C (Gmeinder 4234) sorgte mir ihrer Phantasienummer 199 002 ebenfalls für neugierige Blicke und Diskussionen. (Am 5. November 1993 verließ sie Jöhstadt in Richtung Oschatz, heute befindet sie sich in Friedland in Böhmen.)
Viele hunderte, nicht gezählte Besucher kamen zum ersten Bahnhofsfest ans Jöhstädter Heizhaus und viele davon werden danach noch öfter dagewesen sein. Für die beteiligten Vereinsmitglieder war es die Feuertaufe, die sie mit viel Improvisation, einem großen Loch in der Kasse, aber auch mit viel getankter Motivation nie vergessen werden.
29.05.2007