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Rezensiert: Güterverkehr auf schmaler Spurweite in Österreich
Ludger Kenning, Markus Strässle
Güterverkehr auf schmaler Spurweite in Österreich
Band 1: Vorarlberg – Tirol – Salzburg – Oberösterreich – Kärnten
224 Seiten, Format 22 x 29 cm, Hardcover mit 192 Farb- und 315 Schwarzweißfotos, zwei Tabellen und zwei Zeichnungen Verlag Kenning, Nordhorn 2022. ISBN: 978-3-944390-22-2 Preis: 49,95 Euro
Dass Herkunft oder Nationalität in keinem Zusammenhang mit fachlicher Expertise stehen, beweisen der bekannte deutsche Architekt, Autor und Verleger Ludger Kenning und der Schweizer Arzt Markus Strässle in ihrem vor allem fotografischen Streifzug durch den Westen Österreichs. Doch nicht nur die zahlreichen unbekannten Aufnahmen mit Motiven vom Güterverkehr auf den öffentlichen und nichtöffentlichen Bahnen mit Spurweiten zwischen 400 und 1106 mm ziehen den Betrachter schnell in ihren Bann, auch die fachlich fundierten Bildunterschriften können den Leser spielend überzeugen. Es ist sicher eine akribische Fleißarbeit gewesen, dieses Füllhorn an Informationen zu recherchieren, um damit jedes an sich schon sehenswerte Bild textlich nochmals aufzuwerten.
Zu fast allen Bahnen bzw. Strecken gibt es darüber hinaus einen einleitenden Text zu lesen, ohne damit einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erfüllen. Dafür ist die Vielfalt der Eisenbahnbetriebe auch zu umfangreich, die Bahnen teilweise zu komplex. Denn neben den bekannten Strecken in österreichtypischer bosnischer Spurweite von 760 mm gibt es hier Feld-, Wald- und Werkbahnen, elektrisch oder auch mit attraktiver Dampfspeicherlok betrieben, Zahnradbahnen, Schleppbahnen – eine unglaubliche Vielfalt! Ebenso mannigfaltig sind die Fotomotive: Von „Wiener Schule“ – Zug schräg von vorn mit Landschaft – über Fahrzeugporträts (vor allem von Güterwagen) bis hin zu Aufnahmen von Infrastruktur wie Verladeeinrichtungen wird die große Bandbreite an Motiven, die die Betrachtung des Güterverkehrs hergibt, umfassend ausgenutzt. Spektakuläres Transportgut mit riesigen Röhren oder Transformatoren auf einem zwölfachsigen Tiefladewagen gibt es auf der Zillertalbahn zu sehen – der einzigen Bahn, die auch heute noch schmalspurigen Güterverkehr mit dem Transport von Holz aufweisen kann.
Es gibt in diesem Buch viel zu entdecken, z. B. eine angeblich längste Holzbrücke Mitteleuropas im Hausruckgebiet, was vermutlich nicht stimmt, aber mit einem über den Buchfalz gedruckten Bild Anlass zur Kritik bietet. Denn nicht nur durch solche „Kniffe“ leiden die mustergültig reproduzierten Fotos etwas: Fast alle Abbildungen haben „runde Ecken“, was sicher Geschmackssache ist, dem Rezensenten aber genau so wenig gefällt wie die immer gleichen Schattenwürfe der Fotos. Das gab es aus dem Verlag Kenning schon schnörkelloser und weniger verbastelt oder zeitgeistig wirkend!
Fazit: Dieses Fotobuch überzeugt sowohl durch die superben Abbildungen als auch durch seine detaillierten Texte – das Design hingegen ist Geschmackssache. Es funktioniert sowohl als Einstieg in die faszinierende Pracht der Schmalspurbahnen Österreichs als auch zur grandiosen Ergänzung der Standardwerke über die schmalspurigen Bahnen der Alpenrepublik. Der zweite Band wird voller Vorfreude erwartet!
14.08.2022