Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
in der vorangegangenen Ausgabe hatte es mir bereits in den Fingern „gejuckt“, etwas über die politischen Sommergeschenke „Energiegeld“, „9-Euro-Ticket“ und „Tank-Rabatt“ zu schreiben. Einerseits beinhalten diese boulevardesken Begriffe natürlich nur einen Teil des damit bezweckten Inhaltes, zum anderen waren die Ausführungsbestimmungen und Zielsetzungen Anfang April noch nicht genau bekannt.
Nun haben wir seit ein paar Tagen den „Salat“. Während man dem 9-Euro-Ticket ja noch eine gewisse Lockfunktion für den ÖPNV zusprechen kann und die Sorge nach dem „und wie geht’s danach weiter“ immer lauter werden wird, muss man bei der Ausgestaltung der Absenkung der Energiesteuern zugunsten der Ölwirtschaft als effektivem Nutznießer schon ernsthaft Zweifel üben. Konnte sich die FDP nicht mehr an das der „Hotel-Steuer“ folgende Wahl-Desaster von 2013 erinnern? Beim „Energiegeld“ ist wohl vor allem die scheinbar willkürliche Ausklammerung von größeren Kreisen der Bevölkerung ein Fragezeichen wert.
Die Folgen des „9-Euro-Tickets“ werden temporäre Überlastungen von Verkehrsmitteln und Personal leider noch überstrahlen, denn ausfinanziert ist die Kompensation des Bundes für die Verkehrsunternehmen bei weitem nicht. Immerhin könnte es aber die gesellschaftliche Diskussion, dass wir uns ein auf Dauer für den Nutzer preisgünstiges öffentliches Personenbeförderungssystem leisten können und wollen, durchaus befeuern. Damit könnten die drei Versuchsmonate durchaus einen längerfristigen Effekt haben, auf dessen Beispiel man zukünftig immer wieder verweisen kann.
Dass man in der öffentlichen Wahrnehmung eine allzu große Pauschalisierung des „9-Euro-Tickets“ für alle Nahverkehre vernimmt, fällt natürlich den privaten und eigenwirtschaftlichen Betreibern von Nahverkehrsangeboten wie Museumsbahnen und touristischen Zügen auf die Füße. Da sie nicht am permanenten Finanzierungstropf durch die öffentliche Hand hängen, bekommen sie auch keinen Ausgleich, selbst wenn sie dieses vergünstigte „All-inclusive“-Ticket ebenfalls akzeptieren würden. Ich bin gespannt, wie die Fahrgäste auf die entsprechenden Aushänge und Zahlungsaufforderungen für den normalen Fahrpreis reagieren werden. Den meist in ihrer Freizeit tätigen Museums- und Touristikeisenbahnern wird damit nun eine neue Erklärrolle aufgetragen.
Dass wir inzwischen wieder einschränkungsfreie Bedingungen für die Planung von Veranstaltungen, Durchführung von Ausstellungen, realem und in vollen Zügen zu genießendem Museumsbahnbetrieb haben, ist natürlich auch noch eine Erinnerung wert. War da was? Jetzt besteht endlich die Gelegenheit, viele der zwei Jahre eingestaubten Aktivitäten erneut zu beleben. Wir zeigen in dieser Ausgabe wieder viele Ergebnisse und Mitmachangebote der Eisenbahnmuseen, Museumsbahnen und Vereine. Für einen vergleichenden Blick in die Vergangenheit haben wir auf unserer Internetseite www.presskurier.de bereits knapp die Hälfte aller bisherigen PK-Ausgaben vollständig veröffentlicht – und wer dann doch lieber die Papierausgabe erwerben will, kann dies gerne über den dort verlinkten neuen „Preß’-Shop“ online tun. Besuchen Sie bitte die Eisenbahnen und Museen. Sie werden freudig erwartet.
14.06.2022