Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
am 1. Oktober 2021 war es endlich soweit – das Ereignis, auf das Eisenbahnfreunde seit der Nacht zum 14. Januar 1984 verzichten und seit Sommer 1990 mit dem Beginn des Wiederaufbaus der Preßnitztalbahn warten mussten: Erstmals stand wieder eine IV K vor dem Jöhstädter Empfangsgebäude! 37 Jahre brauchte es, bis dieses Ereignis wieder Wirklichkeit werden konnte.
Dem waren in den vergangenen Monaten intensive Arbeiten an dem „Lückenschluß“-Abschnitt vor dem Bahnhofsgebäude vorausgegangen. Tiefbau- und Gleisbaufirmen – finanziert auch aus den Erlösen der Spendenaktion „Schluss mit der Lücke!“ – sowie an zwei Wochenenden im September knapp 40 Vereinsmitglieder, die teilweise auch an mehreren der Arbeitseinsätze teilnahmen, um Schienen und Schwellen auszulegen, Gleise zu montieren und zu richten und nach dem Einschottern auch noch zu stopfen. Auch wenn die wiederaufgebaute Preßnitztalbahn inzwischen mehr als 8000 m Strecke umfasst, ist jeder neue Meter immer noch ein Erlebnis, an dem auch viele Vereinsmitglieder teilhaben wollen.
Aktuell kann der „Lückenschluss“ natürlich nicht als abgeschlossen gelten. Der Wohnblock verhindert noch immer, dass der Bahnhof seine endgültige – und an den früheren Zustand angelehnte – Ausführung bekommt. Dazu werden in den nächsten Monaten vor dem Lokschuppen weitere Arbeiten in mehreren Teilabschnitten folgen – eine kontinuierliche Unterstützung der Freunde der Preßnitztalbahn vorausgesetzt. Um den Schienenverkehr in Deutschland in den kommenden Jahren wieder voranzubringen, sind gegenwärtig vielfältige Aktivitäten in Vorbereitung oder Ausführung. So starteten zahlreiche Städte oder Verkehrsverbünde bereits Ausschreibungen für neue Fahrzeuge oder Forschungseinrichtungen. Mehrere Unternehmen investieren in neue technologische Ansätze für die Fahrzeuge sowie die Betriebsorganisation der Zukunft. Außerdem sind für das große Netz der deutschen Eisenbahnen genauso wie bei privaten Eisenbahnbetreibern umfassende Investitionen in Aussicht gestellt oder bereits gestartet. Man könnte also durchaus zu der positiven Einschätzung gelangen, dass es einen Aufbruch und optimistischen Ausblick für den Schienenverkehr gibt.
Um so mehr steigert das aber auch die Erwartungshaltung an Eisenbahnmuseen und Museumsbahnen, mit attraktiven Konzepten der Technikvermittlung und gleichzeitig Dokumentation der historischen Grundlagen des Bahnsystems für die Nachwuchsgewinnung beim Personal mit zu werben. Unattraktive Arbeitsbedingungen, unklare Zukunftsperspektiven und gering geschätzte gesellschaftliche Aufmerksamkeit haben ein Übriges dazu beigetragen, dass der Zustrom von Mitarbeitern aller Qualifikationsrichtungen zu den Unternehmen die Nachfrage bei Weitem nicht mehr decken kann. Die inzwischen grassierende Lücke zwischen Angebot und Bedarf bei Mitarbeitern in unterschiedlichsten Berufen der Bahn- und Verkehrsunternehmen genauso wie bei ingenieurtechnischen Berufen in der Bahnindustrie kann diesem Aufschwung der Schiene gehörige Steine in den Weg legen.
Auch wenn die „Corona-Krise“ noch nicht beendet ist, sind doch wieder unzählige Veranstaltungen möglich geworden. Davon zeugen auch viele Berichte in diesem PK. Eine annähernd „normale“ Weihnachtszeit mit all ihren lieb gewonnenen Bräuchen und (Dampfeisenbahn-)Veranstaltungen erscheint wieder möglich.
Glück Auf!
18.10.2021