Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
es ist schon manchmal schwer, ein Déjà-vu-Gefühl zu ignorieren, welches einem bei der täglichen Lektüre von allerlei Informationen überfällt. In der Oktober-Ausgabe des vergangenen Jahres hatte ich an dieser Stelle doch über die zweifelhafte Vorgehensweise des Verkehrsverbundes Mittelsachsen bei der Ausschreibung der Zugverkehrsleistungen zwischen Chemnitz und Leipzig geschrieben. Man dachte dann natürlich so bei sich, dass es hätte (vielleicht) auch schlimmer kommen können. Und siehe da, das wohlbeanspruchte Sprichwort bestätigte sich aufs Neue: Es kam schlimmer. Mitte Januar verkündete ebenselber Verkehrsverbund, aufgrund einer eher fragwürdigen Investitionsstrategie für das „Chemnitzer Modell“ einfach so die Eisenbahndirektverbindung von Chemnitz nach Aue zu kappen. Einen Kommentar zu dieser Thematik befindet sich auf Seite 29 dieser Ausgabe, denn die Frage nach der Zuständigkeit für verkehrspolitische Grundsatzentscheidungen ist essentiell. Aber auch das kann man wahrlich noch immer toppen: Anfang Februar wurde der Nahverkehrsplanentwurf für ganz Sachsen bekannt, den die fünf (!) Verkehrsverbünde von einem Dresdner Ingenieurbüro erarbeiten ließen und der in seiner Endkonsequenz ein „Sterben“ aller Eisenbahnen abseits der Hauptmagistralen erwarten lässt, weil die zur Verfügung stehenden ÖPNV-Regionalisierungsmittel sukzessive gänzlich in Buslinien und wenige „Leuchtturm-Projekte“ versenkt werden sollen. Leider erscheint diese Ausgabe kurz nach dem offiziellen Redaktionsschluss am 15. Februar für Anmerkungen und Einsprüche zu diesem Nahverkehrsplan. Doch für substanziellen Protest ist es nie zu spät. Legen Sie bitte in Schreiben an die Verkehrsplaner, die Verkehrsverbände bzw. Kreistage und Landtagsabgeordneten Protest und Widerspruch dazu ein. Auf unseren Google+ - und Facebookseiten finden Sie Links zur Online-Petition, Sie können sich aber auch an den Landtagsabgeordneten Ihres Wahlkreises direkt wenden. Wenn der Widerspruch nicht durch Eisenbahninteressierte unterstützt wird, besteht kaum Hoffnung für einen Sinneswandel bei den Verantwortlichen im Land und in demokratisch nicht legitimierten Zirkeln, die sich Entscheidungskompetenz für die zukünftige Gestaltung der Verkehrslandschaft im Lande anmaßen. Bitte nutzen Sie ihr demokratisches Recht der Meinungsäußerung!
Was sonst noch ansteht? Ein neues Jahr mit verschiedensten Herausforderungen für die Museumsbahn- und Eisenbahnmuseenlandschaft liegt vor uns. Egal ob die Integration von neu hinzugekommenen Mitbewohnern des Landes, die stärker werdenden Verteilungs- oder Rivalitätskämpfe zwischen den Ländern der Bundesrepublik oder der Mitgliederschwund bzw. Nachwuchsmangel bei den Vereinen – um nur drei Punkte aus einer beliebig zu verlängernden Liste zu erwähnen – die Eigenmotivation zur Mitwirkung und Mitgestaltung durch möglichst viele Menschen ist dringend erforderlich. Lassen wir uns durch schier endloses und zielfernes Gequatsche von Politikern, destruktive Stimmungsmache in manchen Medien oder gar unmotivierte oder egoistische Blockadehaltung nicht Bange machen: Wir haben in Deutschland beste Bedingungen (im Vergleich zu vielen, vielen anderen Ländern dieser Erde) – nutzen wir sie doch einfach. Und bitte nicht vergessen, für unser Heft 150 freuen wir uns weiterhin auf Ihre Ideen. Glück Auf. Jörg Müller
14.02.2016