Verkehrspolitik
Zur Zukunft der Sächsischen Schmalspurbahnen
„Zukunft der Sächsischen Schmalspurbahnen sicherstellen – Etablierung der Dampfbahnroute Sächsische Schmalspurbahn“
Am 6. Dezember 2011 fand im Dresdner Landtag auf Antrag der SPD-Fraktion eine Anhörung von Experten zur Zukunft der Sächsischen Schmalspurbahnen statt. Im Anschluß an die Redebeiträge der geladenen Sachverständigen wurden durch diese zahlreiche Fragen der Abgeordneten beantwortet.
Der Geschäftsführer der SOEG, Ingo Neidhardt, umriß die wirtschaftlichen Parameter der Zittauer Bahn und leitete die Notwendigkeit einer aktiven überregionalen touristischen Vermarktung her, die seit einigen Jahren mit der „Dampfbahnroute Sachsen“ erfolgreich betrieben wird. Er wies darauf hin, daß durch die Kürzungen der Mittel im sächsischen ÖPNV seit 2011 und Änderung der Bemessungskriterien für Zuschüsse zu Baumaßnahmen keine Mittel für Investitionen auf den Schmalspurbahnen mehr zur Verfügung stehen: „Wir fahren seit dem 1. Januar 2011 auf Verschleiß.“
SDG-Eisenbahnbetriebsleiter Hans-Thomas Reichelt ging vor allem auf die gute Entwicklung der drei Bahnen im Weißeritztal, Lößnitzgrund und zum Fichtelberg in den vergangenen Jahren ein, besonders hob er den Ausbau der Werkstätten in Oberwiesenthal und Marienberg hervor. Auf dem Status Quo sieht er die sächsischen Schmalspurbahnen solide aufgestellt und – bis auf die Döllnitzbahn – auskömmlich finanziert. Die Organisationsstruktur der SDG sei schlank, weshalb eine neue, für alle sächsischen Schmalspurbahnen arbeitende übergeordnete Organisation seiner Meinung nach keine nennenswerten Vorteile bedeuten würde.
Steve Ittershagen erläuterte, wie die IG Preßnitztalbahn e.V. als Museumsbahn ohne öffentliche Förderung und Zweckverbände funktioniert − durch ehrenamtliche Arbeit. Ein gemeinsames Dach für alle Bahnen sah er kritisch − der individuelle Charakter einzelner Bahnen könne dadurch verlorengehen.
Peter Wunderwald, ganz der Historiker, gab zunächst einen Einblick in die Geschichte der sächsischen Schmalspurbahnen. Auch er plädierte für den Erhalt des Status Quo in Sachen Struktur der Bahnen, regte jedoch eine noch engere Kooperation z. B. hinsichtlich der Werkstattkapazitäten an. Die Zukunft sehe er in einem modernisierten ÖPNV im Mischbetrieb von Dampf und Diesel.
Der Projektmanager der „Dampfbahnroute Sachsen“, Christian Sacher, präsentierte die meßbaren Erfolge des Tourismusprojektes und betonte, daß dieses allein von den Partnern und ohne öffentliche Gelder finanziert wird. Dadurch harren viele Pläne noch ihrer Umsetzung.
Dr. Andreas Winkler, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft, sprach sich in Hinblick auf die Finanzierung der Schmalspurbahnen im Freistaat für ein „vor die Klammer ziehen“ aus, also eine direkte Finanzierung der Schmalspurbahnen durch den Freistaat ohne Verteilung und Filterung durch die Zweckverbände. Nur so sei „…für jedermann sichtbar, was uns die Schmalspurbahnen wert sind“. Mit den ungefähr veranschlagten zehn Millionen Euro müßten sich nicht nur der Bestand im ÖPNV, sondern bei Steigerung der Effizienz sogar Museumsbahnen und touristische Vermarktung finanzieren lassen. Energisch forderte er von der Regierung des Freistaates ein Gesamtkonzept für die Schmalspurbahnen in Sachsen.
Danach stellten die Vertreter der einzelnen Landtagsfraktionen Fragen an die Experten. Dabei ging es beispielsweise um Werkstattkapazitäten, die in der Zukunft in Sachsen ausgebaut werden sollten, aber auch um die Parallelarbeit der „Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen“ und der „Dampfbahnroute Sachsen“ sowie um Tourismus- und Wirtschaftsförderung anhand des Vorhabens rund um Schönheide.
Großen Raum nahmen auch die Auswirkungen der jetzigen intransparenten Finanzierungspraxis über die Zweckverbände ein, wobei besonders die unterschiedlichen Kilometerentgelte der Bahnen erörtert wurden. Ein klares Bekenntnis gab es von allen Seiten für einen Dampfbahnbetrieb, denn nur so sei touristischer ÖPNV erfolgreich. Einigkeit gab es auch hinsichtlich einer gemeinsamen Vermarktung der sächsischen Schmalspurbahnen.
Auch wenn die Anhörung keinen generellen Konsens in der Art und Weise der Erzielung möglicher Effizienzgewinne brachte, zeigte das persönliche Engagement der Sachverständigen den Abgeordneten des Landtages einmal mehr auf, daß die sächsische Politik gefordert ist, Lösungen für den langfristigen Erhalt dieses kulturellen und technischen Erbes zu finden.
12.02.2012