Rettet die Bahnzeit!
Hinter den Kulissen geht es weiter!
Die zwei Sommermonate Juni und Juli zeichneten sich durch eine dürftige Nachrichtenlage aus Richtung MDR aus. Einerseits fokussierte sich die Berichterstattung im Fernsehen natürlich zeitweilig stark auf die Fußballweltmeisterschaft (wobei man natürlich ernsthaft fragen muß, was der MDR als Regionalsender damit zu schaffen hat) und band offensichtlich auch bei sämtlichen Entscheidungsträgern alle Kapazitäten. Doch trotz fehlender direkter Äußerungen war die „Eisenbahn“ nicht auf dem Abstellgleis gelandet - aus zahlreichen Gesprächen und durch Informationen von Unterstützern der Aktion „Rettet die Bahnzeit“ war es deutlich zu vernehmen, daß hinter den Kulissen weiter an dem Thema gearbeitet wurde.
Gespräch mit dem Rundfunkrat
Auf Einladung des Sprechers der Landesgruppe Sachsen im MDR-Rundfunkrat trafen sich die Rundfunkratsmitglieder Staatssekretär Erhard Weimann (Sächsische Staatskanzlei) und Manfred Böhme (Landestourismusverband Sachsen e.V.) mit den beiden Projektinitiatoren Helge Scholz und Jörg Müller am 20. Juli zu einem knapp zweistündigen Gespräch.
Beide Rundfunkratsmitglieder zollten darin den mehreren Tausend Unterstützern der Aktion und Freunden der Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ ihren Respekt - weder der MDR noch der Rundfunkrat haben bisher ein derartiges Engagement von Zuschauern einer Sendereihe erlebt. Das Gespräch behandelte natürlich das gesamte Spektrum der Ziele der Aktion, der Gründe seitens des MDR, die zur Absetzung der Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ geführt haben, wie auch die Ansätze für die Zukunft und der künftigen Präsenz der Eisenbahn im Programm des Mitteldeutschen Rundfunks.
Seitens des Rundfunkrates wurde in den letzten Monaten in zahlreichen Beratungen und Gesprächen das Thema „Bahnzeit“ besprochen - auch Vorschläge an das Management des MDR und „Brücken“ hinsichtlich der Einstellungsentscheidung wurden gebaut, doch insbesondere in persona des Fernsehdirektors Wolfgang Vietze und des Chefredakteurs Wolfgang Kenntemich seien diese strikt auf Ablehnung gestoßen. Eine Perspektive der Entwicklung beim MDR bestehe nur in dem altersbedingten Ausscheiden der beiden Herren.
Auch hinsichtlich der Entscheidung zur Einstellung brachte das Gespräch die Bestätigung bereits früherer Vermutungen: Man sei aus Spargründen den Weg des geringsten Widerstandes gegangen. In einer Entscheidungsrunde im Sommer 2009 wurde die Sendereihe mit einem Jahresbudget von rund 160 000 Euro (für insgesamt durchschnittlich elf Sendungen!) zur Disposition gestellt und mangels „Gegenwehr“ „abgeschossen“ worden. Da man nicht mit einem derartigen Aufbegehren der Zuschauer gerechnet hatte, fiel die Reaktion des Senders auf die unzähligen und noch immer anhaltenden Proteste geradezu kläglich aus. Auch seitens des Rundfunkrates wäre die Öffentlichkeitsarbeit des Senders in den verschiedenen Gremien und Gesprächen mit dem Sender als desaströs und beschämend bezeichnet worden.
Neue Sendung avisiert
Der Sender hat sich, ganz entscheidend sicherlich auch getrieben durch die Zuschauerproteste, mit dem Aufbau eines neuen Sendekonzeptes beschäftigt. Nach Aussagen der Herren Weimann und Böhme, die wenige Tage zuvor noch direkte Gespräche mit dem Intendanten und Redaktionsleitern zu diesem Thema hatten, werde der MDR ab Herbst mit einer neuen, zunächst im Zyklus von zwei Monaten ausgestrahlten halbstündigen Sendung, die sich am früheren thematischen Mix der Bahnzeit orientiert, starten. Ergänzt werden soll dies durch eine regelmäßige Berichterstattung im Nachmittagsprogramm sowie durch unregelmäßige thematische Sendungen über Eisenbahnereignisse. Am 31. Oktober wird zudem wieder eine „lange Nacht der Eisenbahn“ ausgestrahlt. Im Gespräch wurde seitens der Projektinitiatoren die Bitte geäußert, daß diese Programmentscheidung doch einmal den Zuschauern als verbindliche Aussage des MDR zugänglich gemacht werden solle. Ein derartiges Schriftstück lag jedoch zum Redaktionsschluß dieser Ausgabe des PK noch nicht vor.
Auch wenn dies vielleicht nicht das von vielen gewünschte Ergebnis der Fortführung der „MDR-Bahnzeit“ ist, bietet sich doch damit die Chance, die Präsenz der verschiedensten Eisenbahnthemen aus Mitteldeutschland im MDR fortgesetzt zu bekommen.
08.08.2010