Fahrzeuge im Porträt
Personenwagen der Spreewaldbahn LCE 82 bzw. 901-211
Die Freunde der Hirzbergbahn e.V. waren kürzlich erneut aktiv und bargen für das geplante Thüringer Schmalspurmuseum einen Personenwagenkasten der Spreewaldbahn.
I. Vorbemerkung
So mancher Eisenbahnfreund wird sich sogleich fragen, was „dieses Teil“ im thüringischen Georgenthal zu suchen hat! Dies sei rasch beantwortet: Es ist einer der wenigen erhaltenen Schmalspurwagen, die von der Gothaer Waggonfabrik AG in Gotha gebaut worden sind (ehemals Thiel & Bothmann). Sein „Geburtsort“ liegt also in Thüringen und es bot sich daher an, ihn mit in das Museumskonzept einzubeziehen. So ist es möglich, auch den Thüringer Waggonbaufirmen, die eben auch für Schmalspurbahnen aktiv waren, ein Denkmal zu setzen – Wagen von der AG für Eisenbahn- und Militärbedarf Weimar sind ja ebenfalls in der Sammlung vorhanden.
II. Technische Daten
Der zweiachsige Personenwagen besitzt eine LüP von 10400 mm und weist einen Achsstand von 4500 mm auf. Der Wagenkasten war 7500 mm lang und 2900 mm breit und damit vermutlich der breiteste Schmalspurwagen in Deutschland überhaupt! (Berichtigungen bzw. Hinweise zu gleich breiten – oder breiteren –Wagen gern willkommen!). Er besaß Blechverkleidung, auf jeder Seite waren fünf große Fenster angeordnet, die Stege dazwischen waren recht schmal gehalten. Er sollte mit seinen zwei 3.-Klasse-Abteilen dem Einsatz im Ausflugsverkehr dienen. Ursprünglich bot er 28 Personen Platz. Der Einstieg erfolgte über zwei offene Bühnen mit Übergängen. Zu Reichsbahnzeiten veränderte man die Bestuhlung: Ein Traglastenabteil wurde eingerichtet, Längsbänke mußten genügen. Die Nutzung zu den Markttagen hatte vermutlich höhere Bedeutung gewonnen.
III. Betriebseinsatz
Auch das Baujahr 1928 verleiht dem Wagen einen gewissen Seltenheitswert. Die meisten deutschen Kleinbahnen hatten infolge des Ersten Weltkrieges, Inflation und Weltwirtschaftskrise kaum Geld für Fahrzeugneubeschaffungen – von preiswerten Gebrauchtkäufen oder dem Einsatz kostengünstiger Triebwagen (vor allem in den dreißiger Jahren) abgesehen. Und Personenwagen für den Ausflugsverkehr standen erst recht nicht auf der Tagesordnung. Eine Ausnahme war hier beispielsweise die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn (NWE). Hier wurden auch zwischen den Weltkriegen Fahrzeuge beschafft – übrigens auch Wagen aus Gotha! Diese sind heute allerdings fast alle modernisiert (neue Wagenkästen). Bei der Spreewaldbahn AG erhielt der Wagen aus Gotha die Nummer 82, bei der Reichsbahn 1950 die 10.249p und schließlich 1958 die 901-211. Seine Ausmusterung erfolgte 1970.
IV. Verbleib
Verkauft an die LPG in Schmogrow im Spreewald, diente er – aufgesetzt auf eine Garage! – über viele Jahre als Spargelverkaufsstelle. Nach der „Wende“ war er dann funktionslos. Wiederum mit tatkräftiger Hilfe von Freunden der IG Wagen wurde er am 17. Juli 2006 nach Georgenthal überführt, wo bereits z. B. Achsen und andere Teile auf den Einbau warten! Weitere Infos: www.ig-wagen.de.
29.09.2006