Bücher-Markt
Rezensiert: Mosbach – Mudau: Mit der Schmalspurbahn in den Odenwald
Ludger Kenning, Wolfgang Löckel
Mosbach – Mudau
Mit der Schmalspurbahn in den Odenwald
360 Seiten im Format 25 x 21 cm in Leinen gebunden mit 93 Farb- und 257 Schwarzweißabbildungen, 20 Tabellen und 84 Skizzen sowie einer DVD (Laufzeit 55 Minuten) Verlag Kenning, Nordhorn 2018. ISBN-13: 978-3-944390-11-6 Preis: 54,95 Euro
Bücher aus dem Hause Kenning mit grünem Einband im Querformat 25 x 21 cm brachte der Rezensent bisher mit hervorragenden Publikationen über einen Teilbereich der thematisierten Eisenbahnen in Verbindung. Deren Bildband-Charakter würde aber den Textanteil in den Schatten stellen.
Entsprechend erwartete der Rezensent vom hier vorgestellten Titel ein Bilderfeuerwerk mit einem überschaubaren Textanteil, dessen Niveau hinter dem einer Streckenmonographie bleiben würde. Doch nach dem Auspacken des am 30. November 2018 erschienenen Buches erlebte er eine große, freudige Überraschung: Was er da in seinen Händen hielt, entpuppte sich als sensationell tiefgründige Beschreibung der Streckengeschichte einschließlich der in einer Streckenmonographie üblichen Teilaspekte wie dem allgemeinen Betriebsgeschehen. Das Buch enthält detaillierte Einzelbeschreibungen aller Stationen und Fahrzeuge der im Juni 1905 von Vering & Waechter im Auftrag der Großherzoglich Badischen Regierung eröffneten staatseigenen Meterspurbahn – in dieser Konstellation übrigens einzigartig! Vor allem aufgrund der überdurchschnittlich genau aufgearbeiteten Vorgeschichte des Bahnbaus und zum Betrieb vor den Weltkriegen verneigt sich der Rezensent in Hochachtung vor den beiden Autoren. Immerhin korrigieren sie auch mehrere bisher veröffentlichte Aussagen zu dieser 27,5 km langen Strecke, deren Betriebführung die DRG erst im Jahr 1931 übernahm.
Wer in einem „grünen Kenning“ vor allem auch Fotos erwartet, der kommt bei mehr als 350 Aufnahmen ebenfalls keineswegs zu kurz. Das Buch enthält das erwartete Bilderfeuerwerk aus Standardaufnahmen und Überraschungen. Zu letzteren gehört eine große Menge bisher unveröffentlichter Fotos aus der Anfangszeit der Bahn, in der die Loks noch keine Druckluftbremsen besaßen. Diese 1904 gebauten Borsig-C-Kuppler wurden 1964 von den V52 901 und V52 902 abgelöst. Auf den aus den folgenden neun Jahren stammenden Aufnahmen ist die Schmalspurbahn jedoch nicht minder reizvoll in Szene gesetzt.
Aber was nützt das Buch über diese Strecke im hinteren Odenwald einem Eisenbahnfreund aus Mitteldeutschland? Nun, es fiel bereits der Name der für den Bau und Betrieb anfangs zuständigen Firma Vering & Waechter. Bei jedem GMWE-Freund sollte es da klingeln, war dieses Unternehmen doch auch 20 Jahre für die Geraer Linie zuständig. Vorliegendes Buch liefert nun wertvolle Informationen und Aufnahmen zu Wagen, von denen baugleiche Exemplare in Gera liefen, aber deren Aussehen vor 1949 bisher unbekannt war. Durch die 1916 auf der GMWE eingesetzt Mudauer Lok 4 und die heute in Georgenthal bei Gotha befindliche Lok 1 (99 7201) sind weitere Verbindungen benannt. Freunde der Reichenbacher „Rollbockbahn“ werden staunen, von der sächsischen 99 162 zwei Aufnahmen aus Mudau im vorgestellten Buch zu finden. Ein vom Lokführer Peter König aus Aue beigesteuertes Gemälde der sächsischen I M mit einem Güterzug nach Mosbach baut diesen „Sachsenbezug“ weiter aus.
Fazit: Ganz egal, ob jemand über die im Frühjahr 1973 stillgelegte Bahn schon Veröffentlichungen besitzt oder ob sich jemand mit ihr erstmals beschäftigen möchte: Das hier vorgestellte Buch lohnt sich für jeden Eisenbahnfreund! Es besticht durch einen hervorragenden Textteil sowie durch eine ausgewogene, opulente Illustration.
11.04.2019