In eigener Sache
Vom alten zum neuen Titelschriftzug
Die erste Ausgabe des Preß’-Kurier erschien bekanntermaßen im August 1991 mehr aus der bei mir angewachsenen Empfindung heraus, die in den vorangegangenen Monaten entstandene Unkultur unregelmäßig produzierter Infozettel über die Arbeit, Ergebnisse und Veranstaltungen der IG Preßnitztalbahn e. V. in strukturiertere Bahnen zu bringen. Unterschiedlicher Schreibstil, verschiedenartige Formate, keine Bebilderung, schlechte Kopierqualität waren herausragende Merkmale der schriftlichen Mitgliederinformationen unseres Vereins, der damit begonnen hatte, eine Eisenbahn aufzubauen. Auch ich hatte in dieser Zeit ein oder zwei dieser Infoblätter geschrieben, wie viele Autoren es tatsächlich waren, ist noch mal ein anderes interessantes Recherchethema. Wenn man gerade nicht nach Jöhstadt kommen konnte, blieben die Informationsblätter die einzige Nachrichtenquelle, die sporadisch auch an die Vereinsmitglieder verschickt wurde. Für mich musste daher dringend eine regelmäßige Informationsplattform her, was in solchen Fällen natürlich nach Eigeninitiative schreit. Die Namensidee wie auch die Grundkonzeption zum Heft entstand auf einer Busanreise von Dresden nach Jöhstadt Ende Juli 1991. Die Gestaltung eines Titellogos war dann einige Tage später Ergebnis einer mehrtägigen Bastelüberlegung am Computer. Selbst wenn man dies heute belächeln mag, mit einem Heimcomputer Commodore C64 am heimischen Kofferfernseher, mit 3,5”-Floppydisk-Laufwerk VC-1581 und Commodore-Nadeldrucker MPS 1230 sowie der Programmfamilie GeoWrite, GeoPaint und GeoPublish sowie der grafischen Benutzeroberfläche GEOS 2.0 gab es eine Arbeitsumgebung mit einem Funktionsumfang, den Windows erst einige Versionssprünge später erfolgreich adaptieren konnte.. Eine gotische Fraktur-Schriftart aus dem Funktionsumfang von GeoWrite passte nach meiner Meinung am besten, einen markanten Blickfang auf dem Umschlag dieses Informationsblattes für den Verein zu hinterlassen. Überlegungen über spezifische Assoziationen mit der Schriftart gab es überhaupt nicht. Markant, auffallend und „nicht gerade Mainstream“ – das waren meine Auswahlkriterien. Da die Schriftart relativ gut skalierbar war, stellte das Ausdrucken der Titelseite im Format A4 auf dem 9-Pin-Nadeldrucker prinzipiell auch kein Problem dar, nur waren die einzelnen Nadeln durchaus erkennbar im Druck.
Das Ergebnis ließ technikbedingt jedoch zu wünschen übrig, so dass der Ausdruck dann als „Kopiervorlage“ von mir per Hand nachgeschwärzt und die sichtbaren Kantenstufen ausgerundet wurden. Mit diesem handoptimierten Logo entstanden die Ausgaben 2 und 3 als Kopier- bzw. Lithografievorlage für den Offsetdruck, lediglich die Ausgabenzeile wurde anfänglich jeweils neu eingefügt. War zunächst bis zur Ausgabe Nr. 3 der Untertitel „Informationsblatt der Interessengemeinschaft Preßnitztalbahn e.V.“ bzw. dann bis zur Ausgabe Nr. 12 der Untertitel „Informationsblatt der Interessengemeinschaft Preßnitztalbahn e.V. und des Vereins Sächsischer Eisenbahnfreunde e.V.“ und die Ausgaben- und Monatsangabe ebenfalls in der originalen Titelschriftzug-Schriftart geschrieben, kam ab Ausgabe Nr. 13 durch den Umstieg der Redaktionsarbeit auf einen PC 386DX40 mit Windows 3.1 und WordPerfekt 5.1 eine „ähnliche“ Fraktur-Schiftart für Untertitel und Ausgabenzeile zum Einsatz. Mit Ausgabe Nr. 16 ab Heft 1/1994 zog „Die ultimative Zeitung für Eisenbahnfreunde“ (ab Ausgabe Nr. 50 dann übrigens „Die ultimative Zeitschrift für Eisenbahnfreunde“) in Schriftart Arial Kursiv auf der Titelseite ein.
Für den Titelzeilenschriftzug „Der Preß´-Kurier“ hatte die Umstellung der Produktionsmittel auf PC-Technik aber noch eine andere Konsequenz. Konnten die Texte bis zur Ausgabe 12 teilweise noch über das ASCII-Format als Textdatei transformiert werden, war das für die Grafik und die Schriftart selbst nicht machbar. Mangels Scanner habe ich dann das nicht konvertierbare proprietäre Grafikformat von GEOS quasi per Hand digitalisiert. Zunächst von Format A4 auf Format A3 skaliert und kopiert, diente dann ein darüber gelegtes Zeilen- und Spaltenraster dazu, in Paintbrush von Windows 3.1 Pixel für Pixel das Logo in eine BMP-Datei zu verwandeln. Die zuvor an der Papiervorlage vorgenommenen Anpassungen wurden von mir dann dabei weiter manuell „optimiert“, so dass in der Folge wirklich ein grafisches Logo entstand, das nur noch wenig mit der originalen Schriftart gemein hatte. Die Druckerei Geringswalde erzeugte daraus später dann eine skalierbare Grafik.
Beim Wechsel des Coverdesigns in Ausgabe 50 kamen vier Schlagzeilen unter dem Bild hinzu, die übrigens erstmals ab Ausgabe 24 und dann permanent ab Ausgabe 26 in Farbe erschien. Ausgabennummer, Monat, Preis und ISSN kamen nun neben den Schriftzug, der aber grundsätzlich gleich blieb und nur in der Größe etwas verändert wurde. Hatte sich ab Ausgabe 50 nur das Design der Titelseite verändert, startete die Ausgabe 100 mit dem Versuch, auch dem Titellogo selber mittels Schatten und einem eingearbeiteten Farbverlauf etwas Modernisierung angedeihen zu lassen. Die Wahl einer Hintergrundfarbe sollte nun auch den qualitativen Unterschied als Druckerzeugnis deutlicher machen. Für die Ausgabe Nr. 100 hatte ich mir zudem noch eine besondere Gestaltung mit den 99 Titelbildern (und einem Extrabildchen als Suchrätsel) ausgedacht. Den grafischen Effekt mit schwarzem Hintergrund und gelbgoldener Schrift hatten dann aber tatsächlich manche als „Trauerflor“ bezeichnet. Doch die beige Hintergrundfarbe und der silbergraue Farbverlauf im Titelschriftzug waren schon vorab ausgewählt und prägten dann das Erscheinungsbild der folgenden 48 Ausgaben. Nun standen wir mit der Ausgabe 150 vor der Überlegung, einen etwas radikaleren Schritt zu gehen. (Bei einer nicht repräsentativen Umfrage im Redaktionsteam bekam der Titelschriftzug auch die meisten Stimmen für anstehenden Änderungsbedarf – noch vor der Erhöhung des Farbanteils.) Wir konnten hierfür sogar auf Leservorschläge zurückgreifen, die am weitesten ausgearbeiteten Ideen steuerte Harald Hechler bei – vielen Dank noch einmal. Die Frage war natürlich zuerst, in welcher Richtung oder zeitlichen Epoche man die Gestaltung einordnen und wie man die Anordnung der verschiedenen Elemente auf der Titelseite variieren könnte (alles Fragestellungen, die ich mir vor der Ausgabe Nr. 1 im Sommer 1991 definitiv nicht gestellt hatte).
Von den verschiedenen Ideen, die in einem mehrwöchigem Auswahl-, Diskussions-, Verwerf- und Änderungsprozess entstanden sind, sollen hier nur drei Beispiele exemplarisch gezeigt werden (nur in der Printausgabe), das finale Ergebnis ist auf der Titelseite zu sehen. Während einige Ideenrichtungen bewusst mit einer noch erkennbaren Adaption des bisherigen Schriftzuges spielten, bringt meine finale Entscheidung für einen Vorschlag von Grafiker Dirk Seeger dann doch einen radikalen Abschied vom 25 Jahre lang genutzten Erkennungsbild. Wir machen es, weil wir es können und wollen.
14.06.2016