Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
welch besseren Beweis hätten die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der DB AG-Vorstand liefern können, dass eine Entflechtung und gesellschaftsrechtliche Trennung des Netzes von den Verkehrsunternehmen des Konzerns dringend geboten ist, als durch die Heraufbeschwörung eines 50-stündigen Streiks Anfang Mai. Beide Verhandlungsparteien nahmen vorsätzlich in Kauf, dass während des Streiks 60 Prozent des Schienengüterverkehrs als „Kollateralschaden“ entfallen, da diese Leistungen nicht durch DB Cargo erbracht werden.
Wo ist da eigentlich die Verantwortung der EVG für die in den anderen, nicht bestreikten Verkehrsunternehmen tätigen Beschäftigten? Wo ist in einem solchen Fall von angedrohter Geiselhaft für Unbeteiligte das Einschreiten der Aufsichtsbehörden in Funktion der Bundesnetzagentur und des Bundesverkehrsministeriums? Hier wurde einmal mehr deutlich, dass dem Streckennetz eine überragende gemeinwohlorientierte Stellung zukommt, um tatsächlich diskriminierungsfreien und zwangshaftungsfreien Zugang für alle Bahnunternehmen zu gewährleisten.
Um es klar zu formulieren: Das Recht der Beschäftigten, für eigene Belange zu kämpfen, steht nicht in Zweifel. Doch wenn dadurch hunderte Unternehmen wirtschaftlichen Schaden davontragen, die ihrerseits ihre Verhandlungsaufgaben mit der EVG meist sogar schon gelöst haben, dann ist der Umfang des Streikes zweifelhaft. Gleichwohl braucht auch nicht wieder aufgeschrien zu werden, dass eine Trennung von Netz und Betrieb den Untergang der Eisenbahn bedeutet. Auch hier beweisen die vielen am Markt tätigen Eisenbahnunternehmen, die alle mit einem „fremden“ Netzbetreiber zusammenarbeiten müssen, dass es im Prinzip funktioniert. Im DB-Konzern geht dabei nur die Angst um, durch eine Trennung vom Netz endlich den Nachweis der Eigenwirtschaftlichkeit erbringen zu müssen, ohne dass die Wettbewerber über die Netzentgelte die Konzernstrukturen querfinanzieren.
Aber nun genug von der „großen“ Bahn. Die „Kleinen“ – egal ob auf schmaler oder Regelspur – haben in diesem Frühjahr wieder richtig Fahrt aufgenommen. Nach fast drei verlorenen Jahren haben die Bahnen und Museen in den vergangenen Monaten viele Aktivitäten gestartet, die Werbetrommel gerührt und Veranstaltungen organisiert. Wenn das Wetter dann auch passend mitspielt, wie zu den Pfingstfeiertagen Ende Mai, dann kommen auch wieder die Besucher und Fahrgäste. Davon zeugen die Beiträge in diesem PK.
Bereits mehr als 50 in diesem Jahr neu abgeschlossene PK-Abonnements geben uns überdies die Gewissheit, die Interessen unserer Leser mit dem abwechslungsreichen Inhalt gut zu bedienen. Auch wenn mancher Neuabonnent vielleicht bisher Einzelheftkäufer im Bahnhofsbuchhandel war, denn dann können die Hefte im Bahnhof wieder neue Interessenten erschließen. Ein herzliches Willkommen im Kreise der Leser unserer „ultimativen Eisenbahnzeitschrift“. Wenn nun noch die säumigen Zahler ihrer Verpflichtung nachkommen würden, könnte dies in Summe durch die Zugänge auch die wirtschaftliche Basis der Zeitschrift stärken.
Nutzen Sie bitte die kommenden Monate für einen Besuch bei einem Eisenbahnverein oder -museum.
Glück Auf!
14.06.2023